„Jede Familie trifft es irgendwann. Aber kaum jemand weiß, dass es für diesen Fall die Familienhospizkarenz gibt“, erzählt Elisabeth Vondrasek, ehemalige stellvertretende vida-Vorsitzende.
Die Gewerkschafterin, seit Kurzem in Pension, hat deshalb die Initiative ergriffen. Gemeinsam mit der AK beauftragte vida die „Rundumberatung“ mit einer Studie zur Familienhospizkarenz. Mehr als tausend Personen, die die Familienhospizkarenz nutzten, sowie 70 Expert:innen gaben den Studienautor:innen um Thomas Geldmacher-Musiol und Martina Wurzer Rückmeldung: Welche Hürden wurden erlebt? Und was lief positiv?
Wir haben Antworten.
„Es gibt grundsätzlich bei allen Beteiligten guten Willen, die Arbeitnehmer:innen in Trauerfällen bzw. bei einer lebensbedrohenden Erkrankung im Familienkreis zu unterstützen“, fasst Geldmacher-Musiol eine Haupterkenntnis zusammen. Eine weitere lautet jedoch, dass ein eklatantes Infodefizit herrscht. Bei den Beschäftigten selbst, bei den Arbeitgebern bzw. Personalabteilungen – und auch bei Betriebsrät:innen.
Noch wenig bekannt ist: Auf die Familienhospizkarenz gibt es einen Rechtsanspruch. Will man sein schwersterkranktes Kind oder sterbende Angehörige in dieser Lebensphase begleiten, muss man den Arbeitgeber nur mindestens fünf Arbeitstage im Vorhinein informieren – und kann dann kündigungsgeschützt die Karenz antreten. „Man muss den Chef nicht um Erlaubnis fragen“, sagt Ko-Studienautorin Wurzer.
Neben gänzlichem Unwissen herrschen auch Fehlannahmen vor. Viele glauben, wer die Karenz nützt, müsste selbst betroffene Angehörige pflegen – was nicht stimmt.
Ebenfalls verbreitet ist der Irrtum, eine Pflegegeld-Einstufung sei Voraussetzung für die Familienhospizkarenz.
Kaum bekannt ist dagegen, dass mehrere Personen gleichzeitig oder hintereinander in Familienhospizkarenz gehen können, um eine:n Angehörige:n in der letzten Lebensphase zu begleiten oder beim schwerstkranken Kind zu sein.
„Sich selbst gut informieren und die Infos sowohl an die Beschäftigten als auch an die Personalabteilung oder Geschäftsführung weitergeben“, rät Vondrasek.
„Sinnvoll ist auch, bei Beschäftigten, bei denen man mitbekommt, dass es der betagten Mama oder dem Papa schlechter geht, anklingen zu lassen, dass es diese Maßnahme gibt“, sagt Wurzer. Und der Person vermitteln: Wenn es so weit ist und du dich vom Job freispielen willst, kriegen wir das hin.
Martina Wurzer, Rundumberatung
Ein Pluspunkt der Familienhospizkarenz ist, dass sie nach den eigenen Bedürfnissen gestaltbar ist. Es gibt drei Möglichkeiten:
Wer sich ganz freistellen lässt, erhält Pflegekarenzgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Wenn gewisse Einkommensgrenzen unterschritten werden, gibt es zusätzlich einen Zuschuss aus dem Familienhospiz-Härteausgleich.
Das Formular zum Beantragen der beiden Leistungen findet man auf der Website des Sozialministeriumservice. Wer in Familienhospizkarenz-Teilzeit geht, bekommt Pflegekarenzgeld anteilsmäßig ausbezahlt.
Die Dauer hängt davon ab, für wen die Familienhospizkarenz beansprucht wird.
Dauer bei Begleitung von Kindern: maximal 27 Monate (inkl. aller Verlängerungsmöglichkeiten)
Dauer bei Begleitung sterbender Angehöriger: maximal sechs Monate
Fällt der Grund für die Familienhospizkarenz weg, weil das Kind gesundet oder der:die Angehörige verstirbt, endet die Familienhospizkarenz. „Das Gesetz sieht hier aber vor, dass man noch weitere 14 Tage in Karenz bleiben kann. Die meisten Befragten fanden es positiv, dass es noch eine Pause gibt, bevor es wieder zurück in den Job geht“, sagt Geldmacher-Musiol.
- Rechtsanspruch (§§ 14a und 14b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz)
- Begleitung sterbender Angehöriger oder schwersterkrankter Kinder
- Kurzfristiger Antritt möglich
- Dauer maximal 6 Monate bei sterbenden Angehörigen, 27 Monate bei schwersterkrankten Kindern
- 3 Möglichkeiten: Gänzliche Freistellung, Arbeitszeit reduzieren, Arbeit zu anderen Uhrzeiten als sonst üblich
- Schutz vor Kündigung und Entlassung
- Pflegekarenzgeld, eventuell Zuschuss aus Härtefonds
Wie man sie nutzen kann und wie hoch die finanzielle Unterstützung ist. Hier kostenlose Infobroschüre downloaden