Insolvenzen, wohin das Auge reicht – und kein Ende in Sicht: In unserer aktuellen Ausgabe ist es nicht zuletzt die Titelgeschichte, die ein eindringliches Stimmungsbild der heimischen Wirtschaft zeichnet. Ein Stimmungsbild, das sich auch auf die Warteschlangen und die glühenden Telefonleitungen in den Beratungszentren der Arbeiterkammer überträgt. Über diese Wechselwirkung informiert im Grunde jede AKtuell-Ausgabe: Denn für nahezu alle Probleme, die in der Berufswelt – und ganz konkret in den Betrieben vor Ort – auftreten können, hat die AK ein breites Angebot an Service und Unterstützung parat. Für die gelebte Betriebsratsarbeit einerseits – und natürlich für die Beschäftigten selbst.
Dazu kommt, gewissermaßen als zweite Säule, die Interessenpolitik. Schließlich ist die Arbeiterkammer als „gesetzliche Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich“ auf der politischen Ebene dazu da, den Vielen eine Stimme zu geben – indem sie im Rahmen der Sozialpartnerschaft etwa Einfluss auf die Arbeit der Bundesregierung nimmt. Ein Einfluss, den sich die Österreicher:innen auch explizit wünschen, wie man dem APA-OGM-Vertrauensindex entnehmen kann. Das Ranking misst das Vertrauen in Politiker:innen, öffentliche Einrichtungen und Verbände. Die Arbeiterkammer ist im aktuellen Index erneut in den Top 5 vertreten – ein Spitzenplatz, direkt hinter Bundesheer, Volksanwaltschaft und, ex aequo, Polizei und den heimischen Fachhochschulen.
In welchem Ausmaß das Angebot der Arbeiterkammer angenommen wird – und das österreichweit –, zeigen nun die Zahlen der AK Leistungsbilanz 2024: So kam es im Vorjahr zu 2,4 Millionen Beratungen, was 9.600 Beratungen pro Arbeitstag bedeutet – vor Ort, telefonisch, via Brief, per E-Mail oder online. „Der Löwenanteil fällt mit fast 1,6 Millionen Beratungen natürlich auf die Themen Arbeitsrecht, Sozialrecht und – im Vorjahr verstärkt – auf das Insolvenzrecht“, erklärt AK Direktorin Silvia Hruška-Frank.
Die breite Akzeptanz und die starke Nachfrage haben also auch einen Haken: nämlich den, dass das Angebot tatsächlich benötigt wird. Verantwortlich dafür sind zwei Rezessionsjahre in Folge und die ungebrochen hohe Arbeitslosigkeit. Immer wieder sorgen aber auch Unternehmen, die sich nicht an Spielregeln halten, für Probleme – und entsprechenden Beratungsbedarf unter den Mitgliedern der AK.
Die Rede ist von Betrieben, die dem Sozialstaat mit zweifelhaften Geschäftsmodellen hohe Kosten verursachen, indem sie sich etwa um Sozialversicherungsbeiträge drücken oder ihre Lohnkosten durch Insolvenzen an die Allgemeinheit abwälzen. Und auch das sogenannte „Zwischenparken“ beim AMS, also das temporäre Kündigen von Beschäftigten samt Wiedereinstellung je nach Auftragslage, zählt dazu.
Die Arbeiterkammer hat Ende des Jahres 2023 aus genau diesem Grund die Stabstelle Betrugsbekämpfung eingerichtet. Dem Sozialbetrug durch Unternehmen soll dadurch ein Riegel vorgeschoben werden. Bereits in ihrem ersten vollen Jahr hat die Stabstelle 170 Fälle geprüft. Silvia Hruška-Frank: „Fast zwei Millionen Euro an nicht ausbezahltem Entgelt wurden angezeigt, weil die Arbeitgeber:innen gegen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz verstoßen haben.“ Die AK fordert deshalb auch weiterhin die Wiedereinführung des 2021 abgeschafften Kumulationsprinzips. Dieses sieht vor, dass bei der Begehung mehrerer Straftaten jede einzelne davon sanktioniert werden muss.
Insgesamt hat die Arbeiterkammer im Jahr 2024 rund 824 Millionen Euro für ihre Mitglieder erreicht. Das ist um 28 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor und umfasst eine Fülle an Leistungen. Zu den Leistungen in den bereits erwähnten Bereichen Arbeits-, Sozial- und Insolvenzrecht kommen etwa auch erfolgreiche Klagen gegen unerlaubte Klauseln in Mietverträgen, gegen ungerechtfertigte Strompreiserhöhungen sowie gegen unzulässige Anmelde- und Chipgebühren in Fitnessstudios.
Medial große Beachtung erfuhr im Bereich Konsument:innenschutz außerdem eine Vergleichsvereinbarung der Arbeiterkammer mit Netflix. Für Personen, die von Preiserhöhungen des Streaminganbieters in den Jahren 2019 und 2020 betroffen waren, hieß es im Jahr 2024: Geld zurück.