Auch wenn es stürmt, schneit oder 35 Grad hat, sind Fahrradbot:innen im Einsatz – die meisten fahren als freie Dienstnehmer:innen unter schlechten Arbeitsbedingungen. „Wenn etwas gratis ist, kostet das jemand anderem sehr viel“, sagt Robert Walasinski. Als ehemaliger Fahrradbote und Gründer des Riders Collective spricht er aus Erfahrung: „Den Unternehmen ist es egal, ob es Unfälle gibt oder nicht. Das Einzige, was zählt, ist, dass die Kund:innen zufrieden sind.“
Eine App kontrolliert die Leistung der Rider. Je besser das Ranking ist, desto leichter ist der Zugang zu guten Schichten, die besseren Verdienst versprechen. Er schildert mehrere Fälle, wo Kunden ihr Essen nicht bekommen haben und den Ridern unterstellt wurde, sie hätten das Essen gestohlen.
Allein in Österreich arbeiten rund 360.000 Personen über Plattformen, EU-weit sind es 43 Millionen. Gemeint sind neben Essenslieferant:innen auch Taxifahrer:innen oder Hausangestellte, die über Online-Plattformen vermittelt werden. Foodora, Wolt oder Uber locken ihre Arbeitskräfte mit flexiblen Arbeitszeiten. „Alles, was lässig und flexibel klingt, erweist sich aber spätestens nach zwei Monaten als prekär“, so Walasinski. Gemeinsam mit Kollegin Adele Siegl hat er 2017 den Betriebsrat bei Foodora mitgegründet: „Wir haben damals schon gemerkt, dass über uns drübergefahren wird und es ein Gegengewicht braucht.“
Ungleiche Machtverhältnisse
Rund 95 Prozent der Belegschaft bei Foodora haben kein stabiles Arbeitsverhältnis. „So erwirtschaften Unternehmen mehr Profit als die Konkurrenz, die sich um sichere Arbeitsplätze mit stabilen Anstellungsverhältnissen bemüht“, kritisiert Walasinski. Damit umgehen Unternehmen nicht nur Mindestlöhne, Feiertagszuschläge, Krankenstände und Urlaube, sondern auch das Recht auf eine betriebliche Vertretung der Beschäftigten. „Es ist zermürbend, dass Unternehmen gut etablierte Systeme zerstören wollen. Es geht null um den:die Arbeitnehmer:in. Deshalb müssen wir über den Tellerrand hinausblicken und sehen, was es bedeutet, wenn diese Form der Organisation der Arbeitswelt unkommentiert bleibt und solche Unternehmen weiterhin agieren können, wie sie wollen.“
Entweder ist es nicht möglich, einen Betriebsrat zu gründen, und falls es einen gibt, vertritt dieser nur einen Teil der Belegschaft – für freie Dienstnehmer:innen ist er rechtlich nicht zuständig. „Dabei geht es um mehrere Tausend Leute, die keine Vertretung im Betrieb haben. Und wenn es einen Betriebsrat gibt, wie im Fall von Foodora, ist er für die Belegschaftsgröße viel zu klein für das, was an Arbeit anfällt“, berichtet der Gewerkschafter.
Das hat zur Folge, dass die Arbeitnehmer:innen, die vorwiegend aus dem migrantischen Umfeld stammen, schlichtweg ausgebeutet werden. Personen müssen sich daher über Protestaktionen Gehör schaffen, und das gelingt in den letzten Jahren immer besser. „Ziel muss es sein, Plattformworker aus prekärer Beschäftigung rauszuholen und in ein unselbstständiges Beschäftigungsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten überzuführen“, so Frank Ey.