Barrierereiheit ist in Österreich ein Recht. Seit dem Jahr 2006, als das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) in Kraft getreten ist, muss der Zugang und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen für alle Menschen im Land möglichst ohne fremde Hilfe gewährleistet werden.
Seit damals gilt ein Diskriminierungsverbot. „Barrierefreiheit ist ein grundlegendes Element, um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen. Es geht nicht allein um die bauliche Barrierefreiheit, sondern es geht auch darum, Kommunikation und Information so zu gestalten, dass der Zugang für alle sichergestellt ist“, sagt Patrick Berger, Leiter des „Chancen Nutzen“-Büros im ÖGB.
Seit dem 1. Jänner 2025 ist der Abbau von Barrieren in größeren Unternehmen ebenfalls gesetzlich geregelt. „Das neue Gesetz sieht vor, dass alle Unternehmen, die mehr als 400 Arbeitnehmer:innen beschäftigen, eine:n Barrierefreiheitsbeauftragte:n und eine Stellvertretung einrichten müssen“, erklärt Adriana Mandl, Expertin in der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien.
Bei der Aufgabe als Barrierefreiheitsbeauftragte:r handelt es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, die neben den Berufspflichten und möglichst ohne Beeinträchtigung des Arbeitsablaufs ausgeübt wird. Arbeitgeber müssen auf die zusätzliche Belastung, die sich daraus ergibt, Rücksicht nehmen. „Barrierefreiheitsbeauftragte müssen die nötige freie Zeit bekommen, um ihre Aufgaben erfüllen und an Aus-, Weiter- und Fortbildungen teilnehmen zu können – und das unter Fortzahlung ihres Entgelts. Sie müssen ihre Vorgesetzten aber darüber informieren, wenn sie diese Zeit in Anspruch nehmen.“
„Barrierefreiheitsbeauftragte müssen die nötige freie Zeit bekommen, um ihre Aufgaben erfüllen und an Aus-, Weiter- und Fortbildungen teilnehmen zu können.“
Adriana Mandl, Abteilung Sozialpolitik, AK Wien
Barrierefreiheit kommt allen zugute, nicht nur Menschen mit Behinderungen. Die Verantwortung für die Herstellung der Barrierefreiheit liegt allerdings bei den Unternehmen – und kann nicht ausgelagert werden. Barrierefreiheitsbeauftragte beschäftigen sich mit Fragen der umfassenden Barrierefreiheit, zeigen Missstände auf und bringen Verbesserungsvorschläge ein. Sie arbeiten mit den Personen zusammen, die für die Umsetzung der Maßnahmen in verschiedensten Bereichen zuständig sind und müssen in sämtliche Planungsprozesse einbezogen werden.
Wer kann eigentlich Barrierefreiheitsbeauftragte:r werden und welche Dauer ist für die Funktion vorgesehen? Mandl: „Voraussetzung ist, dem Personalstand des Unternehmens anzugehören. Barrierefreiheitsbeauftragte und ihre Stellvertretung werden dann für eine Funktionsdauer von fünf Jahren bestellt.“
„Barrierefreiheit ist ein grundlegendes Element, um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.“
Patrick Berger, „Chancen Nutzen“-Büro, ÖGB
Dass Unternehmen verpflichtet werden, Barrierefreiheitsbeauftragte zu ernennen, ist übrigens Teil des neuen Barrierefreiheitsgesetzes (BaFG). Dieses sieht vor, dass ab 28. Juni 2025 auch bestimmte Produkte und Dienstleistungen den Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen müssen. Als Beispiel können Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten oder Verbraucherendgeräte wie Mobiltelefone genannt werden – aber auch elektronische Kommunikationsdienste wie Internet- und Videotelefonie sowie Apps und Websites.
Um die gesetzlichen Pflichten zu überwachen, werden in den Betrieben die Barrierefreiheitsbeauftragten und der Betriebsrat eine wichtige Rolle einnehmen. Denn der Betriebsrat hat im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) verankerte Informations- und Mitwirkungsrechte.
Diese Rechte umfassen beispielsweise die Barrierefreiheit und sind sehr relevant, um in diesem Bereich Verbesserungen umsetzen zu können. „Betriebsräte haben die Möglichkeit, Aufklärung und Überzeugung zu leisten, dass barrierefreie Arbeitsplätze viele positive Effekte mit sich bringen. Sie können sich natürlich jederzeit an das ,Chancen Nutzen‘-Büro des ÖGB wenden, um bei Fragen zur Barrierefreiheit Unterstützung zu bekommen“, so Berger.
Das „Chancen Nutzen“-Büro des ÖGB ist eine Anlaufstelle für alle Arbeitnehmer:innen bei Problemen im Job.
Ganz besonders im Fokus stehen Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, chronisch Erkrankte, aber auch Menschen mit psychischen Problemen.
Telefon: +43 1 534 44 – 39592
E-Mail: chancen.nutzen@oegb.at