Imagebild Barrierefreiheit © Robert Kneschke - stock.adobe.com


Recht klar

Barrierefreiheit hilft allen Menschen

Seit 1. Jänner 2025 sind Unternehmen mit mehr als 400 Beschäftigten verpflichtet, Barriere­freiheits­beauftragte zu bestellen. AKtuell beleuchtet die Hintergründe.

Stefan Mayer
23.01.2025




Adriana-Mandl, AK Wien © Markus Zahradnik
Adriana Mandl, Abteilung Sozialpolitik, AK Wien © Markus Zahradnik

Barriere­reiheit ist in Österreich ein Recht. Seit dem Jahr 2006, als das Bundes-Behinderten­gleichstellungs­gesetz (BGStG) in Kraft getreten ist, muss der Zugang und die Versorgung mit Gütern und Dienst­leistungen für alle Menschen im Land möglichst ohne fremde Hilfe gewährleistet werden. 

Seit damals gilt ein Dis­kriminierungs­verbot. „Barriere­freiheit ist ein grund­legendes Element, um die Gleichstellung von Menschen mit Behin­derungen zu ermöglichen. Es geht nicht allein um die bauliche Barriere­freiheit, sondern es geht auch darum, Kommunikation und Information so zu gestalten, dass der Zugang für alle sicher­gestellt ist“, sagt Patrick Berger, Leiter des „Chancen Nutzen“-Büros im ÖGB.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Seit dem 1. Jänner 2025 ist der Abbau von Barrieren in größeren Unter­nehmen ebenfalls gesetzlich geregelt. „Das neue Gesetz sieht vor, dass alle Unter­nehmen, die mehr als 400 Arbeit­nehmer:innen beschäftigen, eine:n Barrierefreiheitsbeauftragte:n und eine Stell­vertretung einrichten müssen“, erklärt Adriana Mandl, Expertin in der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien

Bei der Aufgabe als Barrierefreiheits­beauftragte:r handelt es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, die neben den Berufs­pflichten und möglichst ohne Beeinträchtigung des Arbeitsablaufs ausgeübt wird. Arbeitgeber müssen auf die zusätzliche Belastung, die sich daraus ergibt, Rücksicht nehmen. „Barriere­freiheits­beauftragte müssen die nötige freie Zeit bekommen, um ihre Aufgaben erfüllen und an Aus-, Weiter- und Fort­bildungen teilnehmen zu können – und das unter Fortzahlung ihres Entgelts. Sie müssen ihre Vorgesetzten aber darüber informieren, wenn sie diese Zeit in Anspruch nehmen.“

Barrierefrei­heits­be­auf­tragte müs­sen die nötige freie Zeit bekom­men, um ihre Aufga­ben erfül­len und an Aus-, Wei­ter- und Fort­bil­dun­gen teil­neh­men zu können.


Adriana Mandl, Abteilung Sozialpolitik, AK Wien





Patrick Berger, „Chancen Nutzen“-Büro, ÖGB © Markus Zahradnik
Patrick Berger, „Chancen Nutzen“-Büro, ÖGB © Markus Zahradnik

Missstände aufzeigen

Barriere­freiheit kommt allen zugute, nicht nur Menschen mit Behin­derungen. Die Verant­wortung für die Herstellung der Barriere­freiheit liegt allerdings bei den Unter­nehmen – und kann nicht ausgelagert werden. Barriere­freiheits­beauftragte beschäftigen sich mit Fragen der umfassenden Barriere­freiheit, zeigen Miss­stände auf und bringen Verbesserungs­vorschläge ein. Sie arbeiten mit den Personen zusammen, die für die Umsetzung der Maßnahmen in verschiedensten Bereichen zuständig sind und müssen in sämtliche Planungs­prozesse einbezogen werden.

Wer kann eigentlich Barriere­freiheits­beauftragte:r werden und welche Dauer ist für die Funktion vorgesehen? Mandl: „Voraussetzung ist, dem Personal­stand des Unternehmens anzugehören. Barriere­freiheits­beauftragte und ihre Stell­vertretung werden dann für eine Funktionsdauer von fünf Jahren bestellt.“

Barriere­frei­heit ist ein grund­legendes Element, um die Gleich­stellung von Men­schen mit Behin­de­rungen zu ermög­lichen.


Patrick Berger, „Chancen Nutzen“-Büro, ÖGB


Aufklärung und Überzeugung in Sachen Barrierefreiheit

Dass Unter­nehmen verpflichtet werden, Barrierefreiheits­beauf­tragte zu ernennen, ist übrigens Teil des neuen Barrierefreiheits­gesetzes (BaFG). Dieses sieht vor, dass ab 28. Juni 2025 auch bestimmte Produkte und Dienstleistungen den Barriere­frei­heits­anforderungen entsprechen müssen. Als Beispiel können Selbst­bedienungs­terminals wie Geld­automaten oder Verbraucher­endgeräte wie Mobiltelefone genannt werden – aber auch elektronische Kommunikations­dienste wie Internet- und Videotelefonie sowie Apps und Websites.

Um die gesetzlichen Pflichten zu überwachen, werden in den Betrieben die Barriere­freiheits­beauftragten und der Betriebsrat eine wichtige Rolle einnehmen. Denn der Betriebsrat hat im Arbeits­verfassungsgesetz (ArbVG) verankerte Informations- und Mitwirkungsrechte. 

Diese Rechte umfassen beispiels­weise die Barriere­freiheit und sind sehr relevant, um in diesem Bereich Verbesserungen umsetzen zu können. „Betriebsräte haben die Möglichkeit, Aufklärung und Überzeugung zu leisten, dass barrierefreie Arbeitsplätze viele positive Effekte mit sich bringen. Sie können sich natürlich jederzeit an das ,Chancen Nutzen‘-Büro des ÖGB wenden, um bei Fragen zur Barrierefreiheit Unterstützung zu bekommen“, so Berger. 



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Tipp Symbolbild © AK Wien

„Chancen Nutzen“-Büro

Das „Chancen Nutzen“-Büro des ÖGB ist eine Anlaufstelle für alle Arbeitnehmer:innen bei Problemen im Job.

Ganz besonders im Fokus stehen Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, chronisch Erkrankte, aber auch Menschen mit psychischen Problemen

Telefon: +43 1 534 44 – 39592
E-Mail: chancen.nutzen@oegb.at


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