Mitbestimmung kaum vorhanden
Der Experte für digitalen Kapitalismus verweist etwa auf die betrieblichen und gesetzlichen Schranken. „Ohne Betriebsvereinbarung oder gar ohne Informationen über die genutzten Systeme gleicht der Einsatz derartiger Technologien aus Beschäftigtensicht einem Blindflug. Mitbestimmung ist de facto nicht vorhanden.“
Außerdem müssen Unternehmen in Österreich die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU einhalten. „Generell ist bei datenverarbeitenden Systemen, die laufend Verhaltensdaten erfassen, zusammenführen und die permanent aktualisiert und mit einem Klick erweitert werden können, oft kaum mehr nachvollziehbar, wer welche personenbezogenen Daten zu welchen Zwecken verarbeitet. Dominante Softwarehersteller, gegen die die DSGVO nur unzureichend durchgesetzt wird, stellen oft problematische Funktionen zur Verfügung und schieben die Verantwortung auf die Betriebe ab. Unternehmen wiederum behaupten, man sei von den Herstellern abhängig und eine Einführung sei alternativlos“, so Wolfie Christl.
Goldstandard: Mit Betriebsrat und Betriebsvereinbarung
Grundsätzlich gilt: In einem Betrieb mit Betriebsrat dürfen Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren, nur eingesetzt werden, wenn mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde. Etwa bei Video-Überwachung am Arbeitsplatz, Ortung von Außendienst-Mitarbeiter:innen mittels GPS, Aufzeichnung der Arbeitsleistung durch Arbeitsmittel oder Maschinen. Martina Chlestil, Juristin in der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien, stellt klar: „Ohne Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung ist der Einsatz derartiger Systeme rechtswidrig, und die Kontrolleinrichtungen müssen von den Arbeitgeber:innen entfernt werden.“
In Betrieben ohne Belegschaftsvertretung sind solche Maßnahmen nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer:innen erlaubt. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde verletzen (etwa heimliche Überwachungsmaßnahmen, Überwachungskameras in Waschräumen, Sozialräumen), sind absolut unzulässig. „Aber auch dann, wenn die Menschenwürde nicht berührt wird, kann eine Betriebsvereinbarung erforderlich sein“, betont AK Expertin Chlestil, „denn in den allermeisten Fällen handelt es sich um Personalinformationssysteme, mithilfe derer eine Fülle von Beschäftigtendaten verbunden und ausgewertet werden können.“ Kommt auf betrieblicher Ebene keine Einigung zustande, kann die Schlichtungsstelle angerufen werden.