Dass Elon Musk das Arbeitsrecht und Gewerkschaften nicht unbedingt schätzt, ist schon länger bekannt. Und dann wurden im Tesla-Werk Grünheide bei Berlin vom Management „ungewöhnlich hohe Krankenstandszahlen“ festgestellt. Das veranlasste die Unternehmensführung dazu, unangekündigt Hausbesuche durchzuführen, um zu kontrollieren, woran es bei den Mitarbeiter:innen krankt. Die Tesla-Führung sieht darin kein arbeitsrechtliches Problem und verweist auf andere Unternehmen in Deutschland, die ähnlich vorgehen würden.
Doch wie ist die Lage in Österreich? Dürfen Unternehmen Arbeitnehmer:innen im Krankenstand kontrollieren? „Nein, das wäre ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, konkret in die Privatsphäre. Das Zuhause der Beschäftigten ist daher für Arbeitgeber absolut tabu und Arbeitnehmer:innen müssen diese nicht hineinlassen“, erklärt Jasmin Haindl, Arbeitsrechtsexpertin der AK Wien.
Die Arbeitsunfähigkeit wird durch eine Ärztin oder einen Arzt festgestellt und die entsprechende Diagnose dem Sozialversicherungsträger gemeldet, aber nicht dem Unternehmen: „Das bedeutet, der Arbeitgeber erfährt die Diagnose nicht, sondern nur den Umstand, dass der:die Arbeitnehmer:in krank ist“, sagt Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung der Bundesarbeitskammer. „Die Fäden hat immer die behandelnde ärztliche Fachperson in der Hand, denn nur diese weiß, in welchem Zustand die erkrankte Person ist.“
Arbeitnehmer:innen müssen von sich aus keine Gründe angeben, weshalb sie im Krankenstand sind. Sollte jemand länger ausfallen, dann gibt es ohnehin weitere Krankenstandsbestätigungen des ärztlichen Fachpersonals. „Die Krankenstandsbestätigungen werden mit einer bestimmten Dauer versehen. Wenn aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht damit zu rechnen ist, dass eine baldige Rückkehr in den Betrieb erfolgt, kann sich eine solche Bestätigung natürlich auch über mehrere Wochen erstrecken“, so Panhölzl.
Kontrollmöglichkeiten von Personen, die sich im Krankenstand befinden, gibt es aber schon, allerdings dürfen die Kontrollen nicht vonseiten der Arbeitgeber:innen erfolgen. Die Sozialversicherungsträger hingegen sind gesetzlich dazu beauftragt – und können dabei stichprobenartig vorgehen. „Die Gesundheitskasse hat zusätzlich noch die Möglichkeit, Krankenbesuche durchzuführen, um festzustellen, ob sich die krankgeschriebene Person tatsächlich an die Einschränkungen – wie etwa Bettruhe – hält. Dieses Recht reicht aber nur bis zur Wohnungstür, die Organe der Gesundheitskasse dürfen die Wohnung selbst nicht betreten“, erklärt Panhölzl.
Arbeitgeber dürfen übrigens nicht nur keine Kontrollen durchführen, sondern sie müssen die Gesundheit der Beschäftigten aufgrund der Fürsorgepflicht sogar schützen. Es ist ihnen nicht erlaubt, Dinge zu tun, die der Genesung schaden oder sie hinauszögern.
„Der Arbeitgeber erfährt die Diagnose nicht, sondern nur, dass der:die Arbeitnehmer:in krank ist.“
Wolfgang Panhölzl, Bundesarbeitskammer
So ist es etwa nicht gestattet, Druck auf eine kranke Person auszuüben, damit sie möglichst schnell wieder gesund werden soll. Durch beispielsweise häufige Anrufe kann psychischer Stress entstehen, der die Genesung erschwert. Sollten Grenzen durch Arbeitgeber überschritten werden, besteht vonseiten der erkrankten Person die Möglichkeit, den Betriebsrat heranzuziehen, denn dieser kann helfen.
„Der Betriebsrat kann bei Verstößen direkt im Betrieb intervenieren und unterstützen, da die Betriebsrät:innen die innerbetrieblichen Regelungen, Strukturen und die handelnden Personen kennen“, so Arbeitsrechtsexpertin Haindl. Betriebsrät:innen können direkt mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen und die Grenzen klar aufzeigen. „Zusätzlich kann zur Unterstützung die Rechtsberatung der Gewerkschaft oder Arbeiterkammer herangezogen werden“, empfiehlt Haindl.
„Das Zuhause der Beschäftigten ist für Arbeitgeber absolut tabu.“
Jasmin Haindl, AK Wien
Krankmeldung, Krankenstandsbestätigung und Krankengeld:
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