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Arbeitsrecht

Betreten verboten: „Hausbesuch“ im Krankenstand

In Deutschland sorgten zuletzt unangekündigte Kontrollbesuche bei erkrankten Tesla-Mitarbeiter:innen für Aufsehen. Was gilt diesbezüglich in Österreich?

Stefan Mayer
03.12.2024
Wolfgang Panhölzl, Bundesarbeitskammer © Lisi Specht
© Lisi Specht
Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung, Bundesarbeitskammer

Dass Elon Musk das Arbeitsrecht und Gewerk­schaften nicht unbedingt schätzt, ist schon länger bekannt. Und dann wurden im Tesla-Werk Grünheide bei Berlin vom Management „unge­wöhnlich hohe Kranken­stands­zahlen“ festgestellt. Das veranlasste die Unternehmens­führung dazu, unange­kündigt Haus­besuche durchzuführen, um zu kontrollieren, woran es bei den Mit­arbeiter:innen krankt. Die Tesla-Führung sieht darin kein arbeits­rechtliches Problem und verweist auf andere Unter­nehmen in Deutsch­land, die ähnlich vorgehen würden. 


Kontrolle: Das Zuhause ist tabu 

Doch wie ist die Lage in Österreich? Dürfen Unternehmen Arbeit­nehmer:innen im Kranken­stand kontrollieren? „Nein, das wäre ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, konkret in die Privatsphäre. Das Zuhause der Beschäftigten ist daher für Arbeit­geber absolut tabu und Arbeit­nehmer:innen müssen diese nicht hinein­lassen“, erklärt Jasmin Haindl, Arbeits­rechts­expertin der AK Wien.

Die Arbeits­unfähigkeit wird durch eine Ärztin oder einen Arzt festgestellt und die ent­sprechende Diagnose dem Sozial­versicherungs­träger gemeldet, aber nicht dem Unter­nehmen: „Das bedeutet, der Arbeitgeber erfährt die Diagnose nicht, sondern nur den Umstand, dass der:die Arbeit­nehmer:in krank ist“, sagt Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozial­versicherung der Bundesarbeitskammer. „Die Fäden hat immer die behandelnde ärztliche Fachperson in der Hand, denn nur diese weiß, in welchem Zustand die erkrankte Person ist.“

Der Ar­beit­ge­ber er­fährt die Dia­gno­se nicht, son­dern nur, dass der:die Ar­beit­neh­mer:in krank ist.


Wolfgang Panhölzl, Bundesarbeitskammer

Was die Sozialversicherung darf

Arbeit­nehmer:innen müssen von sich aus keine Gründe angeben, weshalb sie im Kranken­stand sind. Sollte jemand länger ausfallen, dann gibt es ohnehin weitere Kranken­stands­bestätigungen des ärztlichen Fach­personals. „Die Kranken­stands­bestätigungen werden mit einer bestimmten Dauer versehen. Wenn aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht damit zu rechnen ist, dass eine baldige Rückkehr in den Betrieb erfolgt, kann sich eine solche Bestätigung natürlich auch über mehrere Wochen erstrecken“, so Panhölzl.

Kontroll­möglichkeiten von Personen, die sich im Kranken­stand befinden, gibt es aber schon, allerdings dürfen die Kontrollen nicht vonseiten der Arbeit­geber:innen erfolgen. Die Sozial­versicherungs­träger hingegen sind gesetzlich dazu beauftragt – und können dabei stichproben­artig vorgehen. „Die Gesund­heits­kasse hat zusätzlich noch die Möglichkeit, Krankenbesuche durchzuführen, um festzustellen, ob sich die krank­geschriebene Person tatsächlich an die Einschränkungen – wie etwa Bettruhe – hält. Dieses Recht reicht aber nur bis zur Wohnungs­tür, die Organe der Gesund­heits­kasse dürfen die Wohnung selbst nicht betreten“, erklärt Panhölzl.

Arbeitgeber dürfen übrigens nicht nur keine Kontrollen durchführen, sondern sie müssen die Gesund­heit der Beschäftigten aufgrund der Füsorge­pflicht sogar schützen. Es ist ihnen nicht erlaubt, Dinge zu tun, die der Genesung schaden oder sie hinaus­zögern. 


Jasmin Haindl,AK Wien  © Lisi Specht
© Lisi Specht
Jasmin Haindl, AK Wien Arbeitsrechtsexpertin

Das Zu­hause der Be­schäf­tig­ten ist für Ar­beit­ge­ber ab­so­lut ta­bu.


Jasmin Haindl, AK Wien

Druck erschwert die Genesung

So ist es etwa nicht gestattet, Druck auf eine kranke Person auszuüben, damit sie möglichst schnell wieder gesund werden soll. Durch beispiels­weise häufige Anrufe kann psychischer Stress entstehen, der die Genesung erschwert. Sollten Grenzen durch Arbeit­geber über­schritten werden, besteht vonseiten der erkrankten Person die Möglichkeit, den Betriebs­rat heranzuziehen, denn dieser kann helfen.

„Der Betriebs­rat kann bei Verstößen direkt im Betrieb intervenieren und unter­stützen, da die Betriebs­rät:innen die inner­betrieblichen Regelungen, Strukturen und die handelnden Personen kennen“, so Arbeitsrechts­expertin Haindl. Betriebsrät:innen können direkt mit dem Arbeit­geber Kontakt aufnehmen und die Grenzen klar aufzeigen. „Zusätzlich kann zur Unterstützung die Rechts­beratung der Gewerk­schaft oder Arbeiter­kammer herangezogen werden“, empfiehlt Haindl.


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