Biljana Savic, AK-Arbeitsrechtsexpertin
Eine aktuelle Online-Befragung der AK Wien präsentiert alarmierende Ergebnisse. Wer krank arbeiten geht, schadet nicht nur sich selbst, sondern auch den Kolleg:innen. Dennoch stellen viele einen reibungslosen Ablauf im Betrieb und ihre Jobsicherheit über ihre Gesundheit. Meist stecken ein enormer Druck und die Angst, den Job zu verlieren, dahinter.
Krankenstände gehören zu den Dauerbrennern in der AK-Rechtsberatung. Denn vielfach fehlen die richtigen Informationen, was im Krankenstand erlaubt ist und was nicht. AK-Arbeitsrechtsexpertin, Biljana Savic, klärt auf.
Zuerst gilt es, den Arbeitgeber unverzüglich von der Arbeitsunfähigkeit zu informieren; bestenfalls nachweislich, beispielsweise schriftlich. Auch wenn manche Betriebe erst ab dem dritten Tag eine ärztliche Bestätigung einfordern, ist oftmals empfehlenswert, dass sich Arbeitnehmer:innen bereits am ersten Tag beim Arzt oder bei der Ärztin krankmelden und die Arbeitsunfähigkeitsbestätigung abholen.
Wer krank ist, muss grundsätzlich keine Auskünfte über das gesundheitliche Problem oder die genaue Diagnose geben. Im Gesetz steht zwar, dass die Dauer und Ursache genannt werden müssen; mit Ursache ist aber gemeint, ob es eine Krankheit oder ein Arbeitsunfall ist. Zu empfehlen ist, dass man mitteilt, wann man beim Arzt wiederbestellt ist.
Was arbeitsunfähige Beschäftigte im Krankenstand tun dürfen, ist eine medizinische Frage. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist zu sagen, dass im Krankenstand alles gemacht werden kann, was aus medizinischer Sicht dem Genesungsprozess nicht entgegensteht. Wenn jemand aufgrund einer Depression arbeitsunfähig ist, spricht wohl nichts gegen einen Spaziergang an der frischen Luft.
Wenn der vereinbarte Urlaub durch einen Krankenstand unterbrochen wird und der Krankenstand länger als drei Kalendertage dauert, wird dieser Zeitraum nicht vom Urlaubsausmaß abgezogen. Eine Forderung der Arbeiterkammer ist, auch für den Zeitausgleich eine entsprechende Regel zu schaffen.
Arbeitsleistungen müssen im Krankenstand nicht verrichtet werden und können abgelehnt werden. Grundsätzlich müssen Erkrankte im Krankenstand auch nicht für den bzw. die Arbeitgeber:in erreichbar sein.
Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass die Beschäftigten krank im Homeoffice arbeiten. Ob jemand arbeitsfähig ist, ist eine medizinische Frage. Wenn aus ärztlicher Sicht eine Arbeitsunfähigkeit besteht, kann der Arbeitgeber – egal ob im Büro oder zu Hause – keine Arbeitsleistung verlangen. Das ist ein wichtiger Punkt, den auch die Arbeiterkammer aktuell verfolgt. Wer trotz Krankheit aufgefordert wird zu arbeiten, sollte das dem Betriebsrat melden.
In diesem Fall sollten Betroffene sofort den Betriebsrat kontaktieren. Auch bei der AK-Rechtsberatung kann man sich Hilfe holen. Was zu empfehlen ist, ist bei einem Angebot einer einvernehmlichen Auflösung nichts überstürzt zu unterschreiben. Nicht überrumpeln lassen.
Unter Umständen kann die Anfechtung einer Kündigung mit der Berufung auf Sozialwidrigkeit oder ein verpöntes Motiv innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der Kündigung erfolgen. Um kranke Beschäftigte besser zu schützen und Druck rauszunehmen, fordert die AK einen Kündigungsschutz im Krankenstand.
Wer krank wird, muss weiterhin Entgelt bekommen. Der Arbeitgeber muss vorerst das volle Entgelt zahlen, später zur Hälfte. Auch regelmäßige Überstunden werden im Durchschnitt mit berechnet. Wie lange der Arbeitgeber das Entgelt zahlen muss, hängt von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab. Je länger Beschäftigte schon im Betrieb sind, desto länger erhalten sie das volle Entgelt.
Wichtig ist, dass das Arbeitsjahr immer mit dem Eintrittsdatum und nicht mit dem Kalenderjahr beginnt. Beispiel: Der erste Arbeitstag war am 1.5. Der Krankenstand läuft über das Eintrittsdatum hinaus, so beginnt mit 1.5 wieder ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch.
Wenn Beschäftigte nur mehr die Hälfte des Entgelts vom Arbeitgeber bekommen, zahlt die Gesundheitskassa das halbe Krankengeld. Wer gar kein Entgelt mehr bekommt, erhält das volle Krankengeld. Das Krankengeld erhalten Betroffene grundsätzlich bis zu 26 Wochen. Unter bestimmten Bedingungen auch länger.
Mehr dazu: Geld bei Krankheit | Arbeiterkammer.
Der bzw. die Arbeitgeber:in muss eine Arbeits- und Entgeltbestätigung ausstellen, und das Formular an die Krankenkasse übermitteln.
Der Betriebsrat ist die erste Anlaufstelle und unterstützt bei Problemen im Job. Bei Unsicherheiten zur Entgeltzahlung können sich Beschäftigte auch bei der Gewerkschaft und bei der arbeitsrechtlichen Beratung der Arbeiterkammer melden. Dies sollte zeitnah passieren. Es können kurze Verfallsfristen (z.B. drei Monate ab Fälligkeit) gelten. Bei Beendigungsansprüchen unterstützt die AK auch mit einer Endabrechnungskontrolle. Wenn die Beschäftigung im Krankenstand beendet wurde und die Entgeltfortzahlung über das Beendigungsdatum hinaus geht, ist das Nachkontrollieren sinnvoll.
Zum Nachlesen: AK Online-Befragung
Nähere Details im Ratgeber: Krankenentgelt (arbeiterkammer.at)