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Arbeit und Kleidung:
Was ist bei Hitze erlaubt?

Wenn die Hitzewelle andauert oder die Klimaanlage streikt, lautet die Devise für das Outfit oft: so luftig wie möglich. Aber wie freizügig darf es am Arbeitsplatz werden? Und wie sieht es mit Schutzkleidung aus? Expertinnen der AK Wien geben Antwort.

Anna  Gugerell 
11.07.2025

Sommerliche Temperaturen werden nicht nur in der Dach­geschoß­wohnung oder der Straßen­bahn zur Belastungs­probe, sondern vor allem auch am Arbeits­platz. Während das luftige, kurze Outfit im Schanigarten kein Problem ist, gelten bei der Arbeit oft schweiß­treibende Kleider­vorschriften. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen gibt es praktikable Lösungen, wenn alle Beteiligten das Gespräch suchen und die rechtlichen Rahmen­bedingungen kennen.

Sachlich begründete Bekleidungs­vorschriften 

„Bekleidungs­vorschriften sind ein Eingriff in die Privat­sphäre“, erklärt Jasmin Haindl, Juristin und Arbeits­rechts­expertin der Arbeiterkammer Wien. „Daher müssen sie sachlich begründet und branchen­üblich sein.“ In Bereichen mit Kund:innen­kontakt wie in Banken, Gastronomie oder Handel sind formelle Dresscodes zulässig und üblich – etwa das Tragen eines Hemds oder einer Uniform. Kleidungs­vorschriften im Büro oder in öffentlichen Einrichtungen sind aber etwas anderes als Vorgaben zum Arbeits­schutz, wie zum Beispiel das Tragen von Sicherheits­ausrüstung.


Jasmin Haindl,AK Wien  © Lisi Specht
Jasmin Haindl, AK Wien © Lisi Specht

Bekleidungs­vorschriften sind ein Eingriff in die Privat­sphäre. Daher müssen sie sachlich begründet und branchen­üblich sein.


Jasmin Haindl, Juristin und Arbeits­rechts­expertin, AK Wien


Inwiefern darf man die eigene Kleidung also anpassen? Die Krawatte an Hitze­tagen weg­zulassen, ein Kleid mit kürzeren Ärmeln zu wählen oder das Sakko abzulegen, wird in den meisten Fällen – auch im formelleren Setting – kein Problem sein. Vor allem, weil die meisten Kund:innen dafür Verständnis zeigen. Haindl empfiehlt trotzdem keine Allein­gänge, sondern, das Gespräch mit den Vorgesetzten zu suchen. „Ob kurze Hosen oder offene Schuhe erlaubt sind, hängt stark vom Arbeits­platz ab“, so Haindl. 

Regelungen für Kleidung bei Hitze für alle gleich

Gibt es keine schriftlichen Verein­barungen, gelten auch mündliche Absprachen oder branchen­übliche Gepflogen­­heiten, sofern diese zulässig sind. Lockere, wallende Kleidung zu verbieten, wenn zum Beispiel mit Maschinen gearbeitet wird und eine Gefährdung besteht, ist sachlich gerechtfertigt. „Eine Regelung muss außerdem neutral und für alle gleich sein“, betont Haindl. „Es gibt das Gleich­behandlungs­gesetz, das vor Benach­teiligungen aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Welt­anschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung schützt.“


Petra Streitmüller, AK Wien © Erwin Schuh
Petra Streitmüller, AK Wien © Erwin Schuh

Schutz­klei­dung oder Berufs­kleidung darf nicht eigen­mäch­tig ab­geändert oder ab­gelegt wer­den.


Petra Streithofer, Referentin in der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit, AK Wien 



Gibt es Konflikte, ist der Betriebsrat die erste Anlauf­stelle. Weiters kann man sich an die Arbeiterkammer oder die Gewerkschaft wenden. Sollten Konflikte tatsächlich eskalieren, entscheidet schluss­endlich das Gericht. Die Uniform an heißen Tagen einfach abzulegen, sie zu verändern oder ohne Ankündigung in Bade­schlapfen in der Kanzlei zu erscheinen, ist auf jeden Fall nicht zu empfehlen – und sogar rechtlich riskant. Das gilt umso mehr bei Kleidung, die zum Schutz der Beschäftigten dient.

Gesundheit als oberste Priorität

„Bei großer Hitze steigt das Risiko für Kreislauf­probleme und Erschöpfung. Vor allem bei schwerer körperlicher Arbeit kann das bis zum Hitzekollaps führen“, warnt Petra Streithofer, Referentin für Sicherheit, Gesundheit und Arbeit der AK Wien. Arbeitgeber sind aufgrund der Fürsorge­pflicht aufgefordert, Belastungen durch Hitze nach einem schrittweisen Modell zu reduzieren: Zuerst sollen technische Maß­nahmen wie Kühlung oder Beschattung greifen, dann organisatorische wie Schichtverlegung oder zusätzliche Pausen. Erst wenn all das nicht ausreicht, kommen persönliche Maßnahmen – wie Bekleidung – ins Spiel. Das sieht nun auch die neue Hitzeschutzverordnung der Bundesregierung vor, die am 1. Jänner 2026 in Kraft treten soll – AKtuell hat berichtet.

In vielen Branchen, etwa auf Baustellen oder in Gärtnereien, ist Schutz­kleidung (wie etwa Sicherheits­schuhe oder Helme) verpflichtend. Weiters gibt es auch Berufs­kleidung, zum Beispiel in Küchen, die bestimmten Hygiene­anforderungen entspricht. „Beides darf nicht eigen­mächtig abgeändert oder abgelegt werden“, betont Streithofer. 

Bei Tätigkeiten im Freien dient Kleidung sogar zum Schutz vor UV-Strahlung. Falls ein Schutz­kleidungs-Modell zu sehr belastet oder aus unan­genehmen Materialien gefertigt ist, gibt es aber möglicher­weise Alternativen, die der Betriebsrat vorschlagen kann.

Mitbestimmung bei Schutzkleidung

Betriebsräte und Sicherheits­vertrauens­personen sollten bei der Beschaffung von Schutz- oder Arbeits­kleidung eingebunden werden. „Das ist bei persönlicher Schutz­ausrüstung sogar gesetzlich verpflichtend“, so Streithofer. Betriebs­internes Probetragen unterschiedlicher Modelle und Materialien macht schlussendlich für alle Sinn. Die Arbeit­nehmer:innenvertretung kann auch gemeinsam mit der Arbeitsmedizin Verbesserungs­vorschläge initiieren, beispiels­weise synthetische Materialien, wenn möglich, durch andere zu ersetzen.


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