Das Bruttoinlandsprodukt dominierte lange die wirtschaftspolitische Diskussion. Diese Kennzahl sagt jedoch wenig darüber aus, wie es um das Wohlergehen der Bevölkerung bestellt ist. Die AK erstellt deshalb seit 2018 den Wohlstandsbericht. Er misst die Entwicklung des Fortschritts in fünf Feldern: Fair verteilter Wohlstand, Vollbeschäftigung und gute Arbeit, Lebensqualität, intakte Umwelt und ökonomische Stabilität.
„Wir stellen erstmals Rückschritte bei allen fünf Wohlfahrtszielen fest“, sagt Sybille Pirklbauer, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik in der AK Wien. Beim Teilziel „Vollbeschäftigung und gute Arbeit“ sticht die schlechte Bewertung bei der Qualität der Arbeitsplätze hervor. Der Stresspegel ist in vielen Jobs massiv angestiegen. Angesichts der Teuerung reicht für viele das Einkommen nicht mehr aus. Zugleich findet ein gesellschaftlicher Wandel statt. „Das Bedürfnis nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie rückt in den Vordergrund“, so Pirklbauer. Einzig die Entwicklung der Mitbestimmung in der Arbeitswelt wird positiv bewertet. So haben die Sozialpartner in der Pandemie die Kurzarbeit erfolgreich verhandelt.
Hier findest du die Analyse des gesellschaftlichen Fortschritts in Österreich. Analysiert wird in dem Bericht der Zeitraum ab 2019 mit einem Ausblick bis 2024.
Sybille Pirklbauer, AK Wien
Beim Teilziel „Lebensqualität“ wirken sich die steigenden Wohnkosten besonders negativ aus. Probleme bestehen im Bereich der Qualifizierung. Viele Ausbildungsangebote bleiben jenen, die eine Ausbildung bräuchten, verschlossen. Ein Projekt, das es niederschwelliger angeht, ist der Ökobooster. Gemeinsam mit dem waff und dem AMS Wien hat die AK dieses Projekt auf die Beine gestellt, das für Fachkräfte im Bereich Klimaschutz sorgt und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen qualifiziert. Damit die Teilnehmer:innen gut vorbereitet in die Ausbildung einsteigen, werden ihnen in einer sechsmonatigen Einstiegsphase praxisorientiert Deutsch- und Mathematikkenntnisse vermittelt. Vor Ort gibt es dafür zweisprachige Trainer:innen.
„Wir brauchen rasch ein sozial-ökologisches Investitionspaket und eine umfassende Qualifizierungsoffensive“, verlangt Pirklbauer. Zusätzlich müssten schlechte Arbeitsbedingungen zurückgedrängt werden. „Und auch vor einer schrittweisen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich wird sich Österreich mittelfristig nicht verschließen können“, ist Pirklbauer überzeugt.
Das Projekt Ökobooster ermöglicht eine Ausbildung als Elektriker:in oder Installateur:in für Personen zwischen 18 und 25 Jahren, die beim AMS für Jugendliche vorgemerkt sind.