Beschimpft, bespuckt, geschlagen oder sexuell belästigt: Immer öfter sind Beschäftigte in Österreich mit Übergriffen am Arbeitsplatz konfrontiert, vor allem aber Frauen. Dabei sollte der Arbeitsplatz eine sichere Umgebung sein. „Leider kann davon keine Rede sein“, so Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB).
Die Gewalt kommt aus zwei Richtungen – einerseits jene, die von Führungskräften oder Kolleg:innen ausgeht, andererseits jene, die wie im Handel von Kund:innen, wie im Tourismus oder dem öffentlichen Verkehr von Gästen oder in der Pflege von zu Pflegenden ausgeht.
Korinna Schumann, ÖGB
Gewalt am Arbeitsplatz beginnt nicht erst bei körperlichen Angriffen. Psychische Gewalt am Arbeitsplatz äußert sich oft in aggressiver Kommunikation, Mobbing, Schikanen und beleidigenden Bemerkungen bis hin zu sexueller Belästigung. Physische Gewalt am Arbeitsplatz ist seltener, passiert aber genauso: körperliche Angriffe, Schläge, Spucken und mehr. Abgesehen von offensichtlichen Verletzungen kann auch körperliche Gewalt langfristige Auswirkungen haben, die die Betroffenen ein Leben lang begleiten.
„All diese Verhaltensweisen haben keinen Platz am Arbeitsplatz. Das alles gehört nicht zum Job dazu“, sagt Korinna Schumann. Die Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlergehen der Beschäftigten liege bei den Arbeitgebern. Sie sind gesetzlich verpflichtet, präventive Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies beinhaltet die Notwendigkeit zu identifizieren, von wem Gewalt ausgehen könnte, und die Auslöser für solche Verhaltensweisen zu bewerten. „Jeder Übergriff am Arbeitsplatz ist einer zu viel. Die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit der Mitarbeiter:innen müssen an erster Stelle stehen“, sagt Schumann und betont, dass Gewalt am Arbeitsplatz in den vergangenen drei Jahren zugenommen hat. „Und die Gewalt verschwindet nicht. Es erfordert aktive Schritte von Unternehmen, um dagegen vorzugehen.“
Wie wichtig hier auch die Rolle von Betriebsrät:innen ist, weiß Melanie Steinberger, Betriebsrätin bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB). „Betriebsrät:innen können auf einer anderen Ebene mit den Kolleg:innen reden. Man darf nicht vergessen, dass bei Übergriffen ja auch eine gewisse Scham mitspielt. Keine Frau redet gerne darüber, dass sie vom Chef belästigt wurde. Da ist die Angst vor Konsequenzen oder vor Jobverlust viel zu groß“, erklärt sie. Gleiches gelte für Übergriffe von Fahrgästen auf Bahnpersonal. „Blöde Bemerkungen stehen an der Tagesordnung. Viele suchen die Fehler dann bei sich selbst und glauben, dass sie etwas falsch gemacht haben.“
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Melanie Steinberger, ÖBB
Zusätzlich zu präventiven Maßnahmen sollten klare Vorschriften für den Umgang mit akuten Vorfällen und die Betreuung danach festgelegt werden. Dazu gehört die Bestimmung von Ansprechpartner:innen im Betrieb, die Bereitstellung von externer Unterstützung durch das Unternehmen und die Festlegung möglicher Sanktionen für diejenigen, die Gewalt ausüben. All diese Aspekte können in einer Betriebsvereinbarung ausführlich geregelt werden, um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu gewährleisten.
Ob körperliche, psychische oder sexualisierte Gewalt – schau nicht weg und zögere nicht anzurufen, wenn du oder jemand in deinem Umfeld von Gewalt betroffen (b)ist – hol Hilfe!