Kinderbetreuung in den Sommerferien © Mariia Korneev - stock.adobe.com


Weitblick

Kinderbetreuung im Sommer:
„Schöne“ Ferien?

Eigentlich stehen Sommer­ferien für Urlaub und Erholung, doch für Arbeit­nehmer:innen mit schul­pflich­tigen Kindern werden neun Wochen jedes Jahr zur Belas­tungs­probe – organi­satorisch wie finan­ziell.

Delna Antia-Tatić
03.06.2025

Es sei wohl leichter, an Taylor-Swift-Konzert­tickets zu kommen, scherzte man letztes Jahr unter Eltern. Wenn es darum geht, für die eigenen Kinder einen der heiß begehrten Sommercamp-­Plätze der Stadt Wien zu bekommen, zählt jede einzelne Sekunde. Auch heuer. Lange bevor sich das Anmelde­fenster öffnet, sitzen erfahrene Eltern angespannt vor ihren Computern und hoffen auf ihr Glück: Bekommt mein Kind einen Platz? Wie viele Wochen werden gehen? Und kann ich das jüngere Geschwis­terchen zur selben Zeit einbuchen? Man zittert, man bangt, man jubelt oder flucht. Willkommen auf der jährlichen Adrenalin-Achterbahn von Eltern, die versuchen, neun Wochen Sommer­ferien durch­zu­planen.

Sommerferien bedeuten für berufstätige Eltern Stress

„Es ist ein Stress!“, weiß Vera Glassner, Referentin in der Abteilung Frauen und Gleich­stellungs­politik der AK Wien. „Die Sommerferien bedeuten für Eltern enormen Stress: Wie können wir diese neun Wochen überbrücken – organisatorisch, aber auch finanziell?“ Denn die städtischen Ferien­camps sind zwar eine „super Sache“ und mit rund sechzig Euro pro Woche auch im leist­baren Rahmen, doch die Plätze sind begrenzt.

Arbeitnehmer:innen mit Betreuungs­pflichten fragen sich also jedes Jahr aufs Neue: Wohin nur mit den Kids? Rund 160.000 Wiener Kinder im Pflicht­schulalter starten 2025 in ihre wohl­verdiente Sommer­pause und freuen sich auf Spiel, Spaß und gemüt­liches Abhängen. Für sie mag sich die freie Zeit gerade lang genug anfühlen, für ihre Eltern misst der Sommer eine Ewigkeit. Nicht einmal der gesamte Jahres­urlaub würde die Sommer­ferien ihrer Kinder abdecken – außerdem gibt es ja auch noch Weihnachtsferien und Co. Wie das also schaffen?

Gestaffelter Urlaub in den Sommerferien

„Eltern nehmen sich zunächst selber Urlaub, aber der reicht natürlich nicht. Daher staffeln viele Eltern­paare ihre Urlaubs­tage: Also erst nimmt sich der eine Eltern­teil frei, danach der andere. Ein gemein­samer Familien­urlaub ist gar nicht immer möglich“, erklärt Glassner. Aber es wird auch auf Groß­eltern oder andere Verwandte zurückgegriffen, wenn dieser „Luxus“ da ist. Vor allem wird bereits Monate im Voraus durch­geplant, Woche um Woche. „Die Sommer­camps sind sehr beliebt, aber bei der Stadt muss man schnell sein. Private Camps sind da um ein Vielfaches teurer.“


Vera Glassner, AK Wien © Lisi Specht
Vera Glassner, AK Wien © Lisi Specht

Die Som­mer­fe­rien be­deu­ten für El­tern enor­men Stress: Wie können wir diese neun Wo­chen über­brücken – orga­ni­sa­to­risch, aber auch fi­nan­ziell.


Vera Glassner, Referentin in der Abtei­lung Frauen und Gleich­stel­lungs­politik der AK Wien


Im Durch­schnitt geben Eltern für die Sommer­betreuung 415 Euro aus – pro Kind. Das zeigte eine Eltern­befragung 2024, die im Rahmen der AK Schulkosten­erhebung stattfand. „Die Kosten der Ferien­betreuung stellen besonders Allein­erziehende vor eine riesige Heraus­forderung“, weiß Glassner. Camps muss man sich leisten können. „Doch jeder zweite Ein-Eltern-Haushalt ist armuts­gefährdet.“ Wer also weder Geld für Camps, geschweige denn für lange Urlaubs­reisen übrig hat, greift auf andere Lösungen zurück.

Wie etwa das Homeoffice. „Oft verschieben Eltern im Sommer ihr ,Homeoffice‘ an die Tages­ränder. Wenn das nicht möglich ist, bleiben die Kinder einfach mit ihnen daheim, während sie arbeiten.“ In beiden Fällen bedeutet das eine Doppel­belastung für die betroffenen Eltern. Doch nicht nur für sie: Mit Eltern im Home­office sind Kinder bestenfalls halb betreut, so Glassner. Sie schauen dann häufiger fern oder beschäftigen sich mit Video­spielen. Oder die Betreuungs­aufgaben werden gleich von Jugendlichen übernommen, wie die Eltern­befragung der AK zeigt: In 17 Prozent der Haushalte betreuen ältere Geschwister die kleineren Kinder in den Ferien.

Was kann der Betriebsrat tun?

Gerade die Bedürfnisse und Interessen von Teenager:innen werden zu wenig gesehen, stellt die Expertin fest. „Es fehlt an einem Angebot für Jugendliche, da die meisten Camps auf Kinder bis 12 Jahre ausgerichtet sind“, so Glassner. Dadurch würden vermehrt Teenager:innen längere Zeit allein zu Hause verbringen.

„Schöne Ferien“ sind also für Kinder in Österreich abhängig von den Möglich­keiten ihrer Eltern – finanziell wie organisatorisch. Der Arbeit­geber spielt dabei eine entscheidende Rolle. Was können Betriebs­rät:innen tun, um für Erleichterung zu sorgen? „Einiges! Zunächst hilft es, wenn Eltern mit schul­pflichtigen Kindern grundsätzlich die Möglichkeit bekommen, im Sommer drei Wochen am Stück Urlaub zu nehmen.“ Die sechste Urlaubs­woche gehört nicht umsonst zu den Forderungen der Arbeiter­kammer – und zwar für alle. Aber auch andere Maßnahmen unterstützen Eltern: In großen Betrieben können eigene Betriebs-Sommer­camps eine echte Hilfe sein. Wenn das nicht möglich ist, hilft auch schon das aktive Informieren über (kostengünstige) Betreuungs­möglichkeiten.

Zudem braucht es das breite Bewusstsein, dass auch die langen Sommerferien zur hohen Rate an Teilzeit­beschäftigung beitragen – und dadurch Frauen in eine schlechtere Erwerbs­situation bringen. „Fast drei Viertel aller Frauen mit Kindern unter 15 Jahren arbeiten in Teilzeit“, weiß Glassner. Mehr Väter­beteiligung, mehr Eltern­teilzeit – vor allem für Männer – und echtes Halbe-Halbe würden die Ferien also ein Stück erholsamer machen. Für alle.


Tipp Symbolbild © AK Wien

Webtipp

Der Stress der Sommerferien

Hier liest du weitere Ergebnisse der Elternbefragung 2024.



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