Patrick Berger, Christine Steger und Verena Allerbauer im Interview mit AKtuell.
AKtuell: Kürzlich wurde die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention kritisiert: Österreich kommt seiner Verpflichtung, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren nicht nach. Wie weit sind wir von einer inklusiven Arbeitswelt entfernt?
Christine Steger: Die UN-Behindertenkonvention und das Behinderteneinstellungsgesetz geben gesetzlich vor, für alle Menschen da zu sein. Wir sehen, dass der Arbeitsmarkt aus allen Löchern pfeift, und trotzdem wird an starren Strukturen festgehalten, die verhindern, dass Leute in Beschäftigung kommen.
Patrick Berger: Wenn die Integration von Menschen mit Behinderung funktioniert, dann nur, weil die Personen selbst einfordern, was sie brauchen. Betriebe wissen oft nicht, wie sie mit behinderten Menschen umgehen. Wir im Chancen Nutzen-Büro sind hier eine hilfreiche Anlaufstelle.
AKtuell: Jede:r Zweite mit Behinderung ist auf Arbeitssuche. Nur wenige Betriebe eröffnen Menschen mit Behinderungen gute Jobchancen. Ein Widerspruch zum Fehlen von Fachkräften?
Christine Steger: Aufgrund Ausschlussmechanismen im Schulbereich sind Menschen mit Behinderung häufiger schlechter gebildet. Wenn ich die neoliberale Logik anwende, und immer die bestqualifizierte Person einstelle, kommen behinderte Menschen oft nicht in Beschäftigung.
Patrick Berger: Zusätzlich sind die meisten Bildungsstätten nicht barrierefrei. Selbst wenn es persönliche Assistenz und einen integrativen Lehrplan gäbe, könnten die Leute die Bildung nicht nutzen, weil sie gar nicht in die Gebäude kommen.
AKtuell: Frauen mit Behinderungen sind mehrfach belastet. Was muss passieren, um ihnen bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu eröffnen?
Christine Steger: Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind eine besonders vulnerable Gruppe. Ihre Erwerbsbeteiligung ist deutlich niedriger als jene von Männern mit Behinderung. Und sie sind doppelt so häufig von Armut betroffen. Es existieren zwar viele Projekte, die Frauen in Beschäftigung bringen, aber Frauen mit Behinderungen nicht mitdenken. Im Grunde sollten alle Anlaufstellen für Menschen mit Behinderungen einen Gender Aspekt haben, und alle Frauenprogramme inklusiv sein.