Die Hitzewelle schlug dieses Jahr in Österreich spät, aber nicht weniger hart zu. 61 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden in Österreich sagen: Die Beschäftigten sind zunehmend von Hitze betroffen – also deutlich mehr Berufsgruppen als das Paradebeispiel der Bauarbeiter . „Gerade in den sozialen Berufen und den Gesundheitsberufen treibt die Klimakrise Frauen in die Hitze-Sorge-Spirale“, sagt Carina Altreiter, AK Expertin für Frauen- und Familienpolitik. „Die Arbeit wird bei Hitze schwerer, die Bedürfnisse der Klient:innen steigen aber gleichzeitig“, so ihr Fazit aus einer Runde mit Betriebsratsmitgliedern in sogenannten „Frauenberufen“.
Die Klimakrise erwärmt Europa schneller als im globalen Durchschnitt. „Klimaschutz und die Bekämpfung der Klimakrise sind die wichtigste Maßnahme“, sagt Altreiter. „Darüber hinaus brauchen wir öffentliche Investitionen, um Arbeitsplätze im Gesundheits- und Sozialbereich hitzefest zu machen.“
„Im Handel merkt man, dass die Kundschaft bei Hitze deutlich gereizter ist“, sagt Maria Gluchman, Betriebsrätin bei REWE. Das trifft auch die Kolleg:innen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Nicht jeder Bus hat eine Klimaanlage. Alte Produktionshallen sowieso nicht. Dienstkleidung aus Kunstfasern verstärken die Hitzebelastung in vielen Berufen. Und abends wartet die zweite Schicht : Die noch immer nicht gerecht geteilte Hausarbeit in einer überhitzten Wohnung und eine Familie, deren Ansprüche bei Hitze auch nicht kleiner werden. Gluchman: „Die Doppelbelastung, der Frauen ausgesetzt sind , wiegt bei Hitze noch einmal schwerer.“
Hitzebelastung für Frauen in der Pflege AK Expertin Carina Altreiter ist überzeugt: „Eine gesunde Vollzeit zwischen 30 und 35 Stunden mit vollem Lohn- und Personalausgleich würde für alle viel Druck rausnehmen.“ Bisher tragen aber nur die Frauen die Kosten dafür, Druck aus dem System zu nehmen: „Die meisten Kolleginnen in der mobilen Pflege schaffen oft nicht mehr als Teilzeit, obwohl sie das Geld gut brauchen könnten“, erzählt etwa Beatrix Eiletz, Betriebsrätin bei der Volkshilfe Steiermark. Hitze verstärkt das Problem. Abkühlung zwischen zwei Einsätzen? Fehlanzeige! „Am Land kann man nicht zwischendurch zum Stützpunkt. Dazu sind die Wege zu weit.“ Die Klimaanlage im Auto? „Bis die greift, bin ich aus dem Auto wieder draußen.“
Heben, Umbetten und viele andere körperliche Arbeiten in der Pflege und Betreuung sind bei Hitze doppelt anstrengend, gleichzeitig brauchen Alte und Kranke besondere Sorgfalt bei der Körperpflege und Wundversorgung. „Was wirklich helfen würde, wäre, dass wir an Hitzetagen auch einmal zu zweit zu den Klient:innen gehen könnten oder einfach mehr Zeit in der Arbeitszeit, um sich zwischendurch abkühlen zu können“, sagt Betriebsrätin Eiletz. „Aber die öffentliche Hand zahlt den Organisationen zu wenig für eine ordentliche Personalausstattung.
Im Pflegeheim, im Spital, in den mobilen Diensten und allen anderen Sozial- und Betreuungseinrichtungen haben wir neun verschiedene Personalschlüssel und Regelungen, je nach Bundesland. Wir brauchen eine ausreichende Finanzierung der Steh- und Wegzeiten für Pausen und Besprechungen , um individuelle Lösungen zu finden.“
Kindergartenkinder halten ihre Pädagog:innen ständig auf Trab. Das ist bei Hitze noch einmal anstrengender. Dazu gerät das Gefühlsleben der Kinder selbst schneller aus dem Gleichgewicht. Ein besserer gesetzlicher Personalschlüssel würde auch die Kolleg:innen im Kindergarten entlasten , sagen Betriebsratsmitglieder. Damit eine Kollegin durchschnaufen kann, wenn die Hitzebelastung zu viel ist.
Hitzeschutz im Kindergarten: Begrünung hilft! © Christian Fischer
Bei den Kinderfreunden etwa werden die Standorte Zug um Zug hitzefest gemacht: mit Außenrollos, mehr Grün und Co. Karin Samer, Betriebsrätin bei den Wiener Kinderfreunden: „Damit das schneller geht, braucht es ein Hitzepaket von der Bundesregierung – mit ausreichenden Mitteln, finanziert zum Beispiel durch einen Beitrag großer Vermögen.“ Das fordert Samer als Präsidiumsmitglied der Wiener GPA nicht nur für die Kinderfreunde, sondern für alle Beschäftigten und Kinder. „Denn die Hitze setzt nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Kindern zu.“