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Mitbestimmung

Mehr Re­chte für Teil­zeit­kräfte 

Die Dis­krimi­nier­ung von Teil­zeit­beschäft­igten bei Mehr­dienst­ver­güt­ungen ist un­zu­läs­sig, sagt der EuGH. Und wirft da­mit weit­ere Fra­gen auf.
Markus Mittermüller
09.10.2024

 

„Der EuGH sagt ganz klar, dass Teil­zeit­arbeit zu keinen Be­nach­teili­gungen oder Sch­le­chter­stel­lungen füh­ren darf.“

Christian Dunst, AK Wien 

Sind Teil­zeit-Be­schäftigte schle­chter gestellt als Voll­zeit­kräfte? In einigen Bereichen, wie bei Mehr- und Über­stunden­arbeit oder geringeren Aufstiegs­chancen, kann das durchaus der Fall sein. Eine Ent­scheidung des Euro­päischen Gerichts­hofs (EuGH) könnte nun wesent­liche Ver­bes­ser­ungen für Teil­zeit­kräfte bringen.

Worum ging es? Ein Pilot der Luft­hansa arbeitet Teil­zeit und war der Ansicht, dass ihm die im deutschen Ver­gütungs­tarif­vertrag geregelte so­genannte „Mehr­flug­dienst­stunden­vergütung“ bereits früher unter Berück­sichtigung seiner individu­ellen Teil­zeitarbeits­zeit zustehen müsste. Bisher war es so, dass diese erst nach Über­schreitung der Arbeits­zeit einer Vollzeit­kraft gezahlt wurde.

Der EuGH entschied, dass diese Praxis eine unzulässige Diskrimi­nierung von Teil­zeit­kräften darstellt. Teil­zeit­beschäftigte dürfen nicht schlechter behandelt werden als Voll­zeit­beschäftigte. Das Gericht betonte, dass eine nationale Regelung – wie die besagte Mehr­dienst­vergütung –, die ausschließlich an die Arbeits­zeit von Voll­zeit­kräften anknüpft, ohne ent­sprechende sachliche Recht­fertigung gegen die europäische Rahmen­vereinbarung über Teil­zeit­arbeit verstößt. 

Teil­zeit­kräfte: Unter­schied bei Über­stunden

„Der EuGH sagt ganz klar, dass Teil­zeit­arbeit zu keinen Be­nach­teili­gungen oder Schlechter­stellungen führen darf“, erklärt Christian Dunst, Arbeitsrechts­experte der AK Wien. Welche Auswirkungen hat nun der EuGH-Entscheid? „Man wird Teilzeit­regelungen sehr wohl anhand dieser Ent­scheidung und im Lichte der Begrün­dungen, die dort getroffen worden sind, durch­schauen und sie entsprechend auslegen müssen“, sagt Dunst.

Eine Regelung, die in diesem Zusammen­hang Fragen aufwirft, ist der Unter­schied bei der Vergütung von Mehr- und Über­stunden. Teil­zeit­beschäftigte erhalten für Mehr­leistungen einen Zuschlag von 25 Prozent und erst ab Erreichen der für Voll­zeit­beschäftigte geltenden Grenzen einen Zuschlag von 50 Prozent, ohne den Teil­zeit­faktor entsprechend zu berück­sichtigen.

Zudem gilt: „Wenn dieser 25-prozentige Zuschlag in Geld bemessen wird, gebührt er sofort. Wenn die Be­messung aber in Zeit erfolgt, kann dieser Zuschlag binnen drei Monaten wieder beseitigt werden. Diese Regelung gibt es bei Voll­zeit­beschäftigten nicht“, kritisiert der AK Experte.

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Teilzeitarbeit

Der AK Ratgeber „Teilzeitarbeit“ bündelt wichtige arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen zum Thema.

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