Strukturen aufbauen
Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz verbietet jede Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung im Arbeitsleben. Bei Verletzung steht den Arbeitnehmer:innen unter anderem Schadenersatz zu. „Die Verantwortung dafür, dass keine Diskriminierung stattfindet, trägt der Arbeitgeber. Er sollte präventiv Strukturen und Instrumente erarbeiten“, erklärt Franjo Marković, Jurist in der Abteilung Arbeitsmarkt und Integration in der AK Wien.
Manche Unternehmen haben dafür eine:n Beauftragte:n für Gleichstellung, an den/die sich Betroffene vertraulich wenden können. Sinnvoll seien zudem Antirassismus-Schulungen, gerade auch auf Führungsebene. Als Betriebsrat aktiv die Gleichstellung zum Thema machen kann man zum Beispiel durch den Abschluss einer Antidiskriminierungs-Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber. Darin lässt sich ein innerbetriebliches Verfahren bei Verstößen festlegen – samt Sanktionen; ebenso Präventionsmaßnahmen, Ziele und konkrete Aktivitäten zum Vorantreiben der Gleichstellung im Betrieb.
Vertrauen gewinnen
Wie aber gelingt es, Beschäftigte, die noch nicht so lange in Österreich leben oder auf den unteren Hierarchieebenen arbeiten, zu ermutigen, Missstände aufzuzeigen und sich dem Betriebsrat anzuvertrauen? „Indem man sich für sie Zeit nimmt“, sagt Franjo Marković. Über interkulturelle Kompetenz zu verfügen, ist für diese Aufgabe genauso wichtig wie sich rechtlich fit zu halten. „Asylberechtigte etwa haben ein unbefristetes Aufenthaltsrecht und unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Doch einige Arbeitgeber wissen das nicht und werfen die Beschäftigten raus, sobald ihre blaue Aufenthaltsberechtigungskarte abläuft. Das ist in etwa so, wie wenn der Chef einen Österreicher rauswirft, weil der Reisepass abgelaufen ist“, erinnert sich Marković an Fälle aus der AK Beratung. Betriebsrät:innen, die über die Rechtslage Bescheid wissen, können dazu beitragen, derartige Kündigungen zu verhindern.
„Die Beschäftigten haben manchmal übergroßen Respekt vor der Geschäftsführung und denken, es lässt sich nichts ändern. „Ich erkläre ihnen, dass wir gemeinsam vieles mitgestalten können“, erzählt Omid Hosseiny, der als Jugendlicher mit seinem Bruder wegen politischer Verfolgung aus dem Iran flüchten musste. Er ist Facharzt für Neurologie im Krankenhaus Göttlicher Heiland und Mitglied im Betriebsrat. Als Arzt steht Omid Hosseiny weit oben in der Hierarchie – und nutzt dies, um den Zusammenhalt zu festigen. Die Beschäftigten im Göttlichen Heiland kommen aus vielen verschiedenen Nationen und Berufsgruppen – das spiegelt sich auch im Betriebsratsteam wider. „Als mich unser Betriebsratsvorsitzender gefragt hat, ob ich für den Betriebsrat kandidieren will, war für mich klar, ich bin dabei. Ich schätze die Mitgestaltungsmöglichkeiten, die es hier gibt“, sagt Omid Hosseiny.