Der europäische Betriebsrat
Die Möglichkeiten des EU-Rechts weiß Irmgard Gettinger gemeinsam mit ihren Kolleg:innen in den anderen Ländern gut zu nutzen: Am European Forum der 39 Arbeitnehmervertreter:innen aus 27 europäischen Ländern kommt die Unternehmensspitze des Pharmakonzerns nicht vorbei. „Laut EU-Recht muss uns das Management über strukturelle Änderungen erst informieren und unsere Stellungnahme dazu einholen, bevor sie eingeführt werden“, sagt Gettinger, die als Co-Vorsitzende des europäischen Betriebsrats wichtige Akzente setzt.
Und auch die Vernetzung untereinander bringt viel: „Wenn in einem Land etwa ein neues Mitarbeiterbewertungs-System ,getestet‘ wird, erfahren wir das ein, höchstens zwei Tage später. Mein Kollege aus Deutschland, Carsten Henning, hat eine gute Gesprächsbasis mit dem Vorstandsvorsitzenden Hubertus von Baumbach. Der schätzt umgekehrt uns, weil er so erfährt, was an der Basis passiert. Mir gefällt dieser kooperative Stil, auch wenn wir unterschiedliche Interessen vertreten.“
Auf kooperativen Stil und gesetzliche Regelungen hat Gettinger gesetzt, um die Lohn- und Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern in ihrem Betrieb zu schließen: „Der verpflichtende Einkommensbericht hat in Österreich wirklich etwas bewegt. Die Schere liegt am Standort Österreich heute nur mehr bei sieben Prozent.“
Frauen bei der EU-Wahl stärken
Eva-Maria Burger, Leiterin der AK Abteilung Frauen und Familie, findet die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz sogar noch besser: „Die Richtlinie bringt einen Kulturwandel – weg vom Tabu ums Geld und hin zu mehr Respekt und Fairness. Der Einkommensbericht muss zukünftig von mehr Unternehmen – auch kleineren – als bisher erstellt werden. Und auch die variablen und ergänzenden Bestandteile, also auch Boni und Prämien, müssen eingerechnet werden.“
Die Richtlinie wurde 2023 beschlossen und muss jetzt in nationales Recht umgesetzt werden. Burger: „Die Arbeitnehmer:innen geben bei der EU-Wahl ihren Regierungen das Signal dafür, wie wichtig es ihnen ist, Frauen und den Respekt für ihre Arbeit zu stärken.“
Ja, bei dieser Wahl wird viel entschieden. Über Lohn- und Sozialdumping zum Beispiel. „Das Problem ist doch, dass wir so unterschiedliche Sozialstandards haben. Auch diese Schere müssen wir schließen. Wir brauchen europaweit Mindeststandards. Das wünsche ich mir als Betriebsrätin und Europäerin“, sagt Irmgard Gettinger.