Ein Arbeitnehmer wollte schnell aus seinem Job aussteigen. Die Künstliche Intelligenz (KI) empfahl ihm einen vorzeitigen Austritt, ohne Fristen. „Der Betroffene hat dann tatsächlich diesen Austritt, so wie er formuliert war, gesetzt“, erzählt Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien. „Das geht rechtlich in der Form nicht, weil ein Austritt einen besonderen Grund braucht, andernfalls fällt man um Ansprüche um.“ Der Fall zeigt: Sich auf KI-Angaben zu verlassen, ist riskant.
Immer mehr Beschäftigte kommen laut Schrittwieser mit „Vorwissen durch KI“ in die Beratung, was an sich positiv einzuordnen ist und für eine erste Orientierung sorgen kann. Problematisch werde es aber, wenn Menschen unreflektiert Handlungen nur aufgrund einer KI-Auskunft setzen.
Die Expertin plädiert dafür, KI-Programme wie ChatGPT, Gemini oder Grok als Recherchehilfe zu sehen: „Um sich einen Überblick zu verschaffen und für die erste Einschätzung kann man die KI gut nutzen.“ Bei Entscheidungen mit direkten Folgen für das Arbeitsverhältnis sei es aber jedenfalls „gescheiter, sich an Arbeiterkammer und Gewerkschaft zu wenden und dort den Handlungsempfehlungen der Expert:innen zu folgen“.
Ein zentrales Risiko: Viele Antworten der KI beruhen auf deutschem Recht. „Das kann man keinesfalls eins zu eins auf das österreichische Recht umlegen“, warnt Schrittwieser. Es gibt große Unterschiede in den beiden Ländern: Das deutsche Recht ist formeller, der Kündigungsschutz stärker und der Urlaubsanspruch variiert – um nur einige Beispiele zu nennen.
Laut der Expertin häufen sich vor allem Fälle, bei denen falsche Antworten rund um das Thema Kündigung aufkamen, also gerade in einem Bereich, wo für Arbeitnehmer:innen besonders viel auf dem Spiel steht. Hier gilt: Lieber zum Hörer greifen. „Wir bieten bei der Arbeiterkammer einen leichten, niederschwelligen Zugang – anrufen, und wir checken und prüfen vorab“, empfiehlt Schrittwieser.
Gerade Betriebsrät:innen stehen doppelt im Spannungsfeld. Zum einen begegnen sie Kolleg:innen, die mit vermeintlichem KI-Wissen kommen. „Ich finde es wichtig, dass die Mitglieder des Betriebsrates gut geschult sind. Das heißt, es braucht eine ausreichende Weiterbildung und die nötige Qualifizierung: Wie verwendet man diese Tools, was können sie, wo liegen die Einsatzgebiete und deren Grenzen?“, betont Schrittwieser. Nur so könnten Falschauskünfte rechtzeitig erkannt und die Belegschaft kompetent unterstützt werden.
„Um sich einen Überblick zu verschaffen, kann man die KI gut nutzen. Bei Entscheidungen mit direkten Folgen für das Arbeitsverhältnis ist es aber gescheiter, sich an Arbeiterkammer und Gewerkschaft zu wenden.“
Bianca Schrittwieser, AK Wien
Zum anderen sollten dem Betriebsrat umfassende Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte zugesprochen werden, wenn KI-Systeme im Betrieb eingeführt, verwendet oder abgeändert werden. Schrittwieser fordert hier Vetorechte sowie die Klarstellung eines Rechtsanspruchs, selbst gewählte Expert:innen und Sachverständige (auf Kosten der Arbeitgeber) heranzuziehen.
Schrittwieser verteufelt die KI nicht. Im Gegenteil: Richtig eingesetzt könne sie helfen, Arbeitsabläufe zu beschleunigen und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dabei ist wichtig: „Man muss halt wissen, wie“, so die Expertin. Sensibilisierung und Kompetenzaufbau sind daher die zentralen Stichworte, sowohl für Arbeitnehmer:innen als auch für Betriebsrät:innen.
KI soll menschliche Arbeit ergänzen und erleichtern, nicht ersetzen. Transparenz, Datenschutz und Aufklärung müssen dafür die Grundlage sein. Entscheidungen mit realen Folgen gehören daher immer in Expert:innenhand.
Künstliche Intelligenz kann auch bei arbeitsrechtlichen Fragen unterstützen.
Wenn es um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses und die damit verbundenen Fristen, Ansprüche und Rechte geht, sollte man aber doppelt und dreifach überprüfen, ob die Angaben valide sind. Auch die Überprüfung der Quellen, von denen die KI ihre Informationen bezieht, kann aufschlussreich sein.
Unsere Expert:innen der AK Rechtsberatung stehen für persönliche oder virtuelle Beratungen zur Verfügung. Mach deine Kolleg:innen im Betrieb darauf aufmerksam!
Telefonische Auskunft: Montag – Freitag 8:00 Uhr bis 15:45 Uhr Tel.: +43 1 501 65 120