Imagebild KI als Rechtsauskunft © Vadym - stock.adobe.com


Recht klar

Rechtsberatung durch KI?
Nur mit Vorsicht empfohlen  

KI-Dienste liefern rasche Antworten, doch im Arbeits­recht können sie fatale Folgen haben – besonders, wenn Vorschriften vermischt oder falsche Tipps gegeben werden.

Anna  Gugerell 
10.10.2025


Ein Arbeitnehmer wollte schnell aus seinem Job aussteigen. Die Künstliche Intelligenz (KI) empfahl ihm einen vorzeitigen Austritt, ohne Fristen. „Der Betroffene hat dann tatsächlich diesen Austritt, so wie er formuliert war, gesetzt“, erzählt Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien. „Das geht rechtlich in der Form nicht, weil ein Austritt einen besonderen Grund braucht, andernfalls fällt man um Ansprüche um.“ Der Fall zeigt: Sich auf KI-Angaben zu verlassen, ist riskant.

KI: Überblick ja, Handlungen nein

Immer mehr Beschäftigte kommen laut Schrittwieser mit „Vorwissen durch KI“ in die Beratung, was an sich positiv einzuordnen ist und für eine erste Orientierung sorgen kann. Problematisch werde es aber, wenn Menschen unreflektiert Handlungen nur aufgrund einer KI-Auskunft setzen. 

Die Expertin plädiert dafür, KI-Programme wie ChatGPT, Gemini oder Grok als Recherche­­hilfe zu sehen: „Um sich einen Überblick zu verschaffen und für die erste Einschätzung kann man die KI gut nutzen.“ Bei Entscheidungen mit direkten Folgen für das Arbeitsverhältnis sei es aber jedenfalls „gescheiter, sich an Arbeiterkammer und Gewerkschaft zu wenden und dort den Handlungs­­empfehlungen der Expert:innen zu folgen“.

Ein zentrales Risiko: Viele Antworten der KI beruhen auf deutschem Recht. „Das kann man keinesfalls eins zu eins auf das österreichische Recht umlegen“, warnt Schrittwieser. Es gibt große Unterschiede in den beiden Ländern: Das deutsche Recht ist formeller, der Kündigungs­schutz stärker und der Urlaubs­anspruch variiert – um nur einige Beispiele zu nennen.

Im Zweifel zum Hörer greifen

Laut der Expertin häufen sich vor allem Fälle, bei denen falsche Antworten rund um das Thema Kündigung aufkamen, also gerade in einem Bereich, wo für Arbeitnehmer:innen besonders viel auf dem Spiel steht. Hier gilt: Lieber zum Hörer greifen. „Wir bieten bei der Arbeiterkammer einen leichten, niederschwelligen Zugang – anrufen, und wir checken und prüfen vorab“, empfiehlt Schrittwieser.

Besser gut geschult

Gerade Betriebsrät:innen stehen doppelt im Spannungsfeld. Zum einen begegnen sie Kolleg:innen, die mit vermeintlichem KI-Wissen kommen. „Ich finde es wichtig, dass die Mitglieder des Betriebsrates gut geschult sind. Das heißt, es braucht eine ausreichende Weiterbildung und die nötige Qualifizierung: Wie verwendet man diese Tools, was können sie, wo liegen die Einsatzgebiete und deren Grenzen?“, betont Schrittwieser. Nur so könnten Falschauskünfte rechtzeitig erkannt und die Belegschaft kompetent unterstützt werden. 


Bianca Schrittwieser, AK Wien © Lisi Specht
Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien © Lisi Specht

Um sich einen Über­blick zu ver­schaffen, kann man die KI gut nutzen. Bei Ent­schei­dun­gen mit di­rek­ten Fol­gen für das Ar­beits­ver­hält­nis ist es aber ge­schei­ter, sich an Ar­bei­ter­kam­mer und Ge­werk­schaft zu wen­den.


Bianca Schrittwieser, AK Wien

Zum anderen sollten dem Betriebsrat umfassende Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte zugesprochen werden, wenn KI-Systeme im Betrieb eingeführt, verwendet oder abgeändert werden. Schrittwieser fordert hier Vetorechte sowie die Klarstellung eines Rechtsanspruchs, selbst gewählte Expert:innen und Sachverständige (auf Kosten der Arbeitgeber) heranzuziehen.

Chancen nutzen, Risiken kennen

Schrittwieser verteufelt die KI nicht. Im Gegenteil: Richtig eingesetzt könne sie helfen, Arbeits­abläufe zu beschleunigen und Arbeits­bedingungen zu verbessern. Dabei ist wichtig: „Man muss halt wissen, wie“, so die Expertin. Sensibilisierung und Kompetenzaufbau sind daher die zentralen Stichworte, sowohl für Arbeit­nehmer:innen als auch für Betriebsrät:innen.

KI soll menschliche Arbeit ergänzen und erleichtern, nicht ersetzen. Transparenz, Datenschutz und Aufklärung müssen dafür die Grundlage sein. Entscheidungen mit realen Folgen gehören daher immer in Expert:innenhand.


gut zu wissen

Arbeitsrechtsberatung 

Künstliche Intelligenz kann auch bei arbeitsrechtlichen Fragen unterstützen.

Wenn es um die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses und die damit verbundenen Fristen, Ansprüche und Rechte geht, sollte man aber doppelt und dreifach überprüfen, ob die Angaben valide sind. Auch die Überprüfung der Quellen, von denen die KI ihre Informationen bezieht, kann aufschlussreich sein. 

Unsere Expert:innen der AK Rechtsberatung stehen für persönliche oder virtuelle Beratungen zur Verfügung. Mach deine Kolleg:innen im Betrieb darauf aufmerksam! 

Telefonische Auskunft: Montag – Freitag 8:00 Uhr bis 15:45 Uhr Tel.: +43 1 501 65 120


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