Imagebild Menopause © deagreez – stock.adobe.com


Weitblick

Menopause: Zeit für den „Wechsel“

Die Menopause der Frau gilt in der Arbeitswelt als Tabu. Für die Betroffenen kann das zur Karrierebremse werden, für Unternehmen droht der Verlust wertvoller Arbeitskräfte.

Delna Antia-Tatić
04.12.2025
in diesem Artikel


    Neu sind sie nicht. Neu ist, dass sie zum Thema werden – auch am Arbeitsplatz: die Wechsel­jahre. Immerhin befinden sich rund eine Million Frauen in Österreich in dieser Lebens­phase. Sie sind zwischen 40 und 60 Jahre alt, stehen meist mitten im Leben und im Beruf. Doch was die wenigsten wissen: Der „Wechsel“ bringt mehr als lästige Hitze­wellen mit sich. Er führt zum Verlust von wert­vollen Arbeits­kräften. Wie das?

    Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und die österreichische Plattform „Wechselweise“ untersuchten 2024 erstmalig in Österreich, welche Auswirkungen die Wechseljahre auf die Arbeits­fähigkeit, die Karriere und den Pensions­antritt bei Frauen haben. In ihrer Studie „MenoSupportAustria“ gaben 20,8 Prozent der befragten Arbeit­nehmerinnen an, aufgrund von Wechsel­jahres­beschwerden die Arbeitszeit zu reduzieren. 14,4 Prozent der über 55-Jährigen erwogen in Frühpension zu gehen – oder sind es bereits. 


    Dorottya Kickinger, ÖGB © Roland de Roo
    Dorottya Kickinger, ÖGB-Bundes-Frauensekretärin © Roland de Roo

    Es ist unab­ding­bar, Frauen in den Wechsel­jahren best­möglich zu unter­stützen, anstatt sie aus dem Erwerbs­leben zu drän­gen.


    Dorottya Kickinger, ÖGB

    Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) attestiert Handlungsbedarf. „In der Arbeitswelt sind die Wechseljahre ein Tabuthema, und das, obwohl sie hochrelevant sind: für die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen, für eine menschenwürdige Arbeits­gestaltung und auch volkswirtschaftlich“, erklärt Dorottya Kickinger, Bundes-Frauensekretärin des ÖGB. „Der Wandel des Arbeits­markts und der steigende Fachkräfte­bedarf machen es unabdingbar, Frauen in dieser Phase bestmöglich zu unterstützen, anstatt sie aus dem Erwerbsleben zu drängen.

    Unterstützung statt Stigmatisierung während der Menopause

    Doch was heißt es, „im Wechsel“ zu sein? Mit etwa Mitte vierzig beginnt die sogenannte Perimeno­pause, die ersten Beschwerden treten auf. Oft erleben die Frauen eine verstärkte Regelblutung und flüchten ins Homeoffice – wenn sie die Möglichkeit haben. Später, wenn die Blutung langsam ausbleibt, meist ab einem Alter von 50 Jahren, beginnt die Menopause. Bei manchen Frauen geht es früher los, bei manchen später. Die Beschwerden sind von Frau zu Frau verschieden, wobei ein Drittel keine hat.

    Auf der anderen Seite scheint es nichts zu geben, was in dieser Lebensphase nicht auftreten kann. So sieht sich ein Drittel der befragten Frauen mit leichten, ein Drittel mit schweren Belastungen konfrontiert. Ob plötzliche Schweiß­attacken während der Schicht, Konzentrations­störungen bei der Präsentation oder anhaltende Schlafstörungen. Frauen erleben oft eine körperliche wie geistige Erschöpfung. Mit Auswirkung auf ihre Karriere: Das Selbst­bewusstsein sinkt, die Sorge vor Stigmatisierung wächst. 

    Weil Unterstützung fehlt, ziehen sie sich zurück. Das ist nicht nur ein individuelles Dilemma, sondern auch ein gesellschafts­politisches und ein wirtschaftlicher Verlust. Denn Arbeitnehmerinnen in den Wechseljahren sind für viele Unternehmen unabdingbar: Frauen mit 50 Jahren tragen oft Verantwortung, sie arbeiten in Führungs­positionen oder besitzen essenzielles Betriebswissen. 


    Julia Nedjelik-Lischka, AK Wien © Markus Zahradnik
    Julia Nedjelik-Lischka, Referentin in der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit, AK Wien © Markus Zahradnik

    Die Ent­tabuisie­rung muss im gesamten Unter­nehmen statt­finden: Das betrifft die Führungs­ebene genauso wie den Arbeit­nehmer:innen-Schutz.


    Julia Nedjelik-Lischka, AK Wien

    Auch die Politik beschäftigt das Thema. Auf Nachfrage von AKtuell sagt Korinna Schumann, Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: „Die Wechseljahre betreffen die Hälfte der Bevölkerung – dennoch werden sie nach wie vor tabuisiert. Als Gesundheits­ministerin ist es mir ein wichtiges Anliegen, dieses Tabu weiter zu brechen. Denn die Wechseljahre sind kein Randthema, sondern ein zentraler Bestandteil weiblicher Gesundheit. Die Menopause darf in der Gesellschaft, in der Medizin und in der Arbeitswelt kein Tabuthema mehr sein. Wir brauchen mehr Bewusstsein, mehr Aufklärung und mehr Unterstützung, damit Frauen gut durch diese Lebensphase kommen – auch durch betriebliche Gesundheits­förderung und Sensibilisierung am Arbeitsplatz.“


    Chancen erkennen

    International setzen Unternehmen bereits auf wechsel­jahres­freundliche Arbeitsplätze. Doch was heißt das? „Die Enttabuisierung muss im gesamten Unternehmen stattfinden: Das betrifft die Führungsebene genauso wie den Arbeitnehmer:innen-Schutz“, erklärt Julia Nedjelik-Lischka, Expertin für alterns­gerechtes Arbeiten in der AK Wien. Bisher kommen die Wechseljahre in der arbeits­medizinischen Betreuung nur untergeordnet vor. Oft haben Frauen unzählige Arztbesuche hinter sich, ohne dass die Menopause als Ursache in Betracht gezogen wird. „Gleichzeitig braucht es arbeitsmedizinische Konzepte, wie die Arbeitnehmerinnen in dieser Lebensphase unterstützt werden – sei es durch atmungs­aktivere Arbeits­kleidung oder flexible Arbeitszeitmodelle“, so die Expertin.

    Betriebsrät:innen können eine wechsel­jahres­freundliche Arbeitskultur fördern und passende Rahmen­bedingungen schaffen. „Vor allem kann der Betriebsrat zu einer neuen Sichtweise auf die Wechseljahre beitragen“, so ÖGB-Bundes-Frauensekretärin Dorottya Kickinger. Frauen haben in dieser Altersphase meist familiäre Verpflichtungen hinter sich und können beruflich anders durchstarten. „Die Wechseljahre sind nicht das Ende der Leistungs­fähigkeit, sondern eine Chance. Nutzen wir sie!“


    gut zu wissen

    Wechseljahre am Arbeitsplatz: 
    Welche Maßnahmen helfen?

    • Sensibilisierung bei den Führungskräften 
    • Flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit von Homeoffice 
    • Enttabuisierung, offene Kommunikation, Informations­angebote und Austausch­möglichkeiten
    • Etablierung einer wechsel­jahres­freundlichen Arbeitskultur
    • Arbeitsmedizinische und arbeits­psychologische Betreuung 
    • Besondere Rücksicht auf Hitzeschutz bei Arbeitsplätzen und persönlicher Schutzausrüstung / Arbeitskleidung
    • Spezielle Sportangebote, Kurse für Entspannungs­techniken


    Weitere Artikel

    Imagebild Betriebsurlaub © Axel Bueckert - stock.adobe.com
    Mitbestimmen
    Betriebsurlaub: Wenn die Firma frei hat
    Man­che freuen sich über eine kollek­tive Pause, an­de­re würden lieber selbst bestim­men. Was gilt beim Be­triebs­ur­laub?
    Martin Müllauer, Weihnachtsstress © Markus Zahradnik
    Arbeit
    ­Stille Zeit, stressige Zeit: Arbeiten am Limit
    Rund um Weih­nachten stoßen viele Beschäf­tigte an ihre Gren­zen. Erfahre, wie die Beleg­schafts­ver­tretung hel­fen kann.