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Berufskrankheit

Arbeitsbedingte Krebserkrankungen: Großer Handlungsbedarf

Jährlich sterben in Österreich ungefähr 1800 Menschen an arbeitsbedingten Krebserkrankungen. Bei Prävention, Meldepflichten und Dokumentation gibt es Aufholbedarf. Die Digitalisierung bietet hier große Chancen.
Matthias Falter
22.05.2022
in diesem Artikel

    Berufskrankheit Krebs: Wie kann sie verhindert werden?

    Mehr als die Hälfte aller arbeitsbedingten Todesfälle sind auf Krebs zurückzuführen. Gleichzeitig werden viele Fälle von Krebs nicht als Berufskrankheit anerkannt. Während bei der Verhütung von Arbeitsunfällen schon große Fortschritte erzielt wurden, gibt es bei der Prävention von arbeitsbedingtem Krebs noch viel zu tun.  

    Die Grenzwerte von gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen und die Liste der anerkannten Berufskrankheiten müssen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst und aktualisiert werden. Auch bei der Dokumentation von Arbeit mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen gibt es großen Handlungsbedarf. 


    Welche Verpflichtungen zur Prävention hat der Arbeitgeber?

    Die Arbeitgeber:innen sind verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei den verwendeten Arbeitsstoffen um gefährliche Arbeitsstoffe handelt. Zu den Arbeitsstoffen zählen nicht nur typische Chemikalien, sondern alle Stoffe, die am Arbeitsplatz verwendet werden. Manche Arbeitsstoffe werden gar nicht gezielt verwendet, sondern entstehen bei einem Arbeitsvorgang, zum Beispiel Schweißrauch oder Gärgase. Wenn Gefahren festgestellt werden, dann müssen passende Schutzmaßnahmen getroffen werden.   

    Betriebsrat hat eine wichtige Kontrollfunktion

    Der Betriebsrat bzw. die Personalvertretung und die Sicherheitsvertrauenspersonen müssen von den Arbeitgeber:innen bei der Evaluierung von Arbeitsstoffen miteinbezogen werden. „Sie haben hier eine wichtige Kontrollfunktion, indem sie auf die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten und die ordentliche Durchführung der Evaluierung achten“, betont Petra Streithofer von der AK Wien. Wichtig ist hier, dass die Arbeitnehmer:innen rechtzeitig und ausreichend informiert und auch im richtigen Umgang geschult werden. 

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    Betriebsrat bzw. Personalvertretung sowie Sicherheitsvertrauenspersonen haben beim Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen eine wichtige Kontrollfunktion.

    Gefährliche Arbeitsstoffe müssen evaluiert und dokumentiert werden 

    Ein wichtiger Punkt ist schließlich die Dokumentation. Die Arbeitgeber:innen müssen die Ergebnisse der Evaluierung im so genannten Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument festhalten. Außerdem ist vorgeschrieben, dass ein eigenes Verzeichnis aller gefährlichen Arbeitsstoffe geführt wird. Wichtig ist hier laut AK Expertin Petra Streithofer, „dass auch alle Arbeitnehmer:innen dokumentiert werden müssen, welche krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden oder biologischen Arbeitsstoffen (Gruppe 3 und 4) ausgesetzt sind.“ 

    Wenn die Betroffenen aus dem Betrieb ausscheiden, müssen diese Daten dem Unfallversicherungsträger übermittelt werden. Bei bestimmten Arbeitsstoffen sind auch regelmäßige Eignungs- und Folgeuntersuchungen der Betroffenen vorgesehen. Die Namen müssen ebenfalls dokumentiert und gemeldet werden.

    Die erstmalige Verwendung von eindeutigen krebserzeugenden Arbeitsstoffen muss dem Arbeitsinspektorat vorab gemeldet werden.


    Digitalisierung als Chance zur Krebsprävention

    Die Dokumentations- und Meldepflichten verteilen sich derzeit auf unterschiedliche Ebenen. Daten gehen somit verloren, die der Aufbewahrungspflicht unterliegen würden. AK-Experte Harald Bruckner sieht große Probleme vor allem bei der Dokumentation der exponierten Arbeitnehmer:innen: „Hier ist es oft nicht eruierbar, ob und inwieweit die Arbeitnehmer:innen gefährlichen Stoffen ausgesetzt sind oder waren.“ Dadurch fehlt ein Gesamtüberblick, der vor allem für die Prävention aber eben auch für die Nachverfolgung von Erkrankungen wichtig wäre.

    In Deutschland gibt es seit 2018 eine zentrale Expositionsdatenbank, in der krebserzeugende Arbeitsstoffe und die exponierten Arbeitnehmer:innen dokumentiert werden können. Auch die Betroffenen können ihre Daten leicht abrufen. Eine AK-Machbarkeitsstudie von 2021 zeigt anhand des deutschen Vorbildes auf, wie eine solche Datenbank in Österreich aussehen kann und was sie bringt.

    Harald Bruckner von der AK Wien sieht hier großes Potential im Kampf gegen arbeitsbedingten Krebs: „Wenn diese Daten digitalisiert und zentralisiert werden, ist eine bessere Prävention und Anerkennung von Berufskrankheiten möglich.“

     

    Webtipp

    Tipp Symbolbild © AK Wien

    Erfahre mehr über die Berufskrankheit Krebs

    Weitere Infos über berufsbedingte Krebserkrankungen sowie Möglichkeiten zur Prävention findest du unter folgenden Links: 

    Gesunde Arbeit / AUVA

    Die Forderungen der Arbeiterkammer

    • Zeitgemäße und jährlich aktualisierte Grenzwerte  
    • Einführung risikobasierter Grenzwerte (Bestimmung der Grenzwerte auf Basis des Krebsrisikos)
    • Erweiterung der Liste der Berufskrankheiten  
    • Einführung einer zentralen Expositionsdatenbank zur Dokumentation 

    Zusammenfassung

    Bei der Prävention von arbeitsbedingtem Krebs gibt es noch viel zu tun. Arbeitnehmer:innenvertretungen haben im Betrieb eine wichtige Kontrollfunktion. Die Digitalisierung bietet außerdem große Chancen für eine bessere Dokumentation der exponierten Arbeitnehmer:innen.

     

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