Der Pflegebonus kam spät, nicht für alle und ist befristet
Mehr Gehalt für jede:n einzelne:n Beschäftigte:n in der Pflege stellte die Regierung in Aussicht. Versprochen wurde ein Pflegebonus für Vollzeitkräfte von rund 2.000 Euro, befristet für die Jahre 2022 und 2023. „Die Beschäftigten haben erwartet, 2.000 Euro netto zu bekommen. Doch erst kam gar nichts und dann viel weniger als gedacht bei den einzelnen Beschäftigten an, weil es sich um eine Brutto-Zahlung handelt. Die Abwicklung erfolgte je nach Bundesland anders“, erinnert sich Silvia Rosoli, Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik in der AK Wien. Für 2022 wurde der Pflegebonus rückwirkend einmalig ausbezahlt, seit heuer erhalten die Beschäftigten in der Pflege den Bonus monatlich. Für Vollzeitbeschäftigte macht das knapp 140 Euro brutto aus - sofern sie den Bonus überhaupt erhalten.
„Viele Berufsgruppen schauen beim Pflegebonus durch die Finger. Das treibt einen Spalt zwischen die Beschäftigten. Dabei leisten alle ihren Beitrag“, kritisiert Hannes Wölflingseder, Vorsitzender des Betriebsrats im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien. „Wieder einmal vergessen wurden beim Pflegebonus auch die Hebammen und die Beschäftigten in den medizinischen, therapeutischen und diagnostischen Gesundheitsberufen (MTDG)“, kritisiert Andrea Wadsack, Vorsitzende des Personalgruppenausschusses MTDG in der Hauptgruppe 2 der Gewerkschaft Younion.
Auch viele weitere Gruppen, darunter die medizinischen Assistenzberufe (DMTF/MAB) oder die Beschäftigten im niedergelassenen Bereich, gingen leer aus. Gerald Mjka, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft vida, stellt klar: „Alle Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich sollen den Bonus bekommen, auch der OP-Assistent und die Behindertenbetreuerin.“
Angesichts der eklatanten Belastungen, denen die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich ausgesetzt sind, müsse der Pflegebonus auch in den Folgejahren ausbezahlt werden, setzt Mjka nach.
Die Entlastungswoche hielt nicht, was versprochen wurde
Eine zusätzliche Entlastungswoche für Menschen ab dem 43. Lebensjahr versprach die Regierung als weitere Maßnahme. Herausgekommen ist eine Mogelpackung. „Es steckt schon im Namen ‚Entlastungswoche‘, dass die Beschäftigten belastet, wenn nicht gar ‚überlastet‘ sind. Leider zeigte sich die Regierung großzügig beim Ankündigen, geizig beim Umsetzen“, sagt Mjka.
Zum einen wurde wieder eine Reihe von Berufsgruppen ausgegrenzt. Zum anderen darf die Entlastungswoche bei jenen, die unter die Regelung fallen, mit bestehenden Bestimmungen über eine sechste Urlaubswoche gegenverrechnet werden. Beschäftigte, die bereits durch Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebs- oder Einzelvereinbarung eine sechste Urlaubswoche haben, erhalten keine zusätzliche Entlastungswoche. Einzig Nachtgutstunden, die durch das Ableisten von Nachtdiensten erworben wurden, dürfen derzeit nicht durch die Entlastungswoche aufgesogen werden.
„Zwei von fünf Beschäftigten aus den Gesundheits- und Sozialberufen erwägen mittlerweile einen Berufswechsel. Die Ausstiegstendenzen sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen“, verweist AK-Expertin Silvia Rosoli auf die Ergebnisse einer österreichweiten Umfrage, an der sich mehr als 7.000 Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen und der Langzeitpflege beteiligt haben. Besonders jüngere Arbeitnehmer:innen, Beschäftigte, die laufend Mehrarbeit verrichten müssen und Beschäftigte aus den Assistenzberufen fühlen sich massiv psychisch beeinträchtigt. „Alle Beschäftigten, die im Gesundheitsbereich, in der Langzeitpflege oder im Sozialwesen arbeiten, sollen eine zusätzliche Urlaubswoche erhalten – und das unabhängig vom Alter“, sagt Rosoli.