Drei Fragen zum Thema Sozialbetrug © Lisi Specht


Mitbestimmung

Sozial­betrug: Drei Fragen – drei Antworten 

Wie schadet Lohn- und Sozial­dumping uns allen? Was muss der Gesetz­geber ändern? Was kann der Betriebs­rat tun? AK-Experte Ludwig Dvořák informiert.
Andreas  Rauschal
14.10.2024

Wie schadet Lohn- und Sozialdumping uns allen?

Wenn Arbeit­nehmer:innen nicht ihren vollen Lohn bekommen oder nicht richtig angemeldet werden, prellen dubiose Arbeitgeber auch den Sozialstaat. Mit zweifelhaften Auftrags­ketten werden Sub- und Sub-Subunternehmen einbezogen, die dann häufig insolvent werden. Dann kriegen die betroffenen Arbeit­nehmer:innen zwar ihr Geld – aber nicht von Arbeitgeber:innen oder Auftraggeber:innen, sondern vom Insolvenzentgeltsicherungs-Fonds. Damit werden Lohnkosten auf die Allgemein­heit abgeschoben. Das schädigt auch all jene Unternehmen, die sich an die Spielregeln halten, preislich aber nicht mehr mithalten können. Das kann ganze Branchen unter Druck bringen.


Was muss der Gesetzgeber ändern?

Es gäbe zwei einfache, aber sehr wirkungsvolle Maßnahmen: Mit einer echten Erstauftrag­geberhaftung würde das Unternehmen an der Spitze der Auftragskette für offene Löhne und Sozial­versicherungs­beiträge haften. Wer Arbeits­leistung und Profit erhält, müsste im Ernstfall auch den Lohn zahlen. Das würde den Anreiz massiv erhöhen, auf dubiose Auftrags­ketten zu verzichten bzw. nur mit seriösen Unter­nehmen zu kooperieren. Und wir benötigen wieder mehr Kontrollen und höhere Strafen bei Verstößen.


Was kann der Betriebsrat tun?

In erster Linie ist der Gesetz­geber gefordert. Gewerk­schaften und Arbeiter­kammern werden weiter von jeder künftigen Regierung verlangen, endlich zu handeln, um die erwähnte Erstauftrag­geber­haftung und härtere Strafen umzusetzen. Einen gewissen betrieblichen Gestaltungsspielraum gibt es im Bereich der Arbeits­kräfte­überlassung. Gerade hier erleben wir immer wieder auch Unternehmen, die Lohndumping auf Kosten der Beschäftigten betreiben. Das Arbeits­verfassungs­gesetz lässt Betriebsvereinbarungen über Grundsätze der betrieblichen Beschäftigung von Leih­arbeiter:innen zu. Damit können betriebliche Mindest­standards gesetzt werden. Da müssen aber natürlich auch die Arbeit­geber mitspielen und Verantwortung dafür übernehmen, dass in ihren Betrieben beschäftigte Leih­arbeiter:innen fair behandelt werden.


Zur Person

Ludwig Dvořák ist Jurist und seit 2011 in der Arbeitsrechts­beratung der Arbeiter­kammer Wien tätig. Von 2017 bis 2020 war er Rechtsanwalts­anwärter und absolvierte anschließend die Rechts­anwalts­prüfung. Seit Juli 2022 leitet er den Bereich Arbeits­rechtliche Beratung und Rechts­schutz in der AK Wien. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

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