Alle reden vom Arbeitskräftebedarf. Doch bei älteren Beschäftigten schauen viele Betriebe weg. Statt Verantwortung zu übernehmen, werden Menschen mit Erfahrung auf das Abstellgleis geschoben – oft schon mit 55. Das ist nicht nur unfair, sondern auch dumm. Gerade jetzt, wo überall Hände und Köpfe fehlen, braucht es die Kompetenz der Älteren. Wer den Arbeitskräftebedarf lösen will, muss gute Arbeitsbedingungen schaffen – für alle Altersgruppen. Schlechtere Bedingungen treiben Menschen aus dem Job, bessere halten sie im Job.
Ein Hebel wäre ein Bonus-Malus-System. Betriebe, die überdurchschnittlich viele ältere Arbeitnehmer:innen beschäftigen, sollen belohnt werden. Wer Ältere systematisch ausgrenzt, muss zahlen. Denn ohne Druck werden viele Unternehmen weiter so tun, als wären Ältere automatisch weniger wert. Das Gegenteil ist der Fall: Erfahrung ist ein Kapital, das wir uns nicht leisten können, zu verschenken.
Damit das Pensionssystem nachhaltig finanzierbar ist, müssen Menschen überhaupt erst einmal die Chance haben, bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter zu arbeiten – mit gesunden, alternsgerechten Arbeitsplätzen. Dafür braucht es faire Bedingungen, insbesondere für Frauen, die nach wie vor stärker von unterbrochenen Erwerbsbiografien und Teilzeit betroffen sind und deren Pensionsantrittsalter nun steigt. Altersdiskriminierung darf zudem nicht länger ohne Konsequenzen bleiben.
Wer jahrzehntelang gearbeitet hat, verdient Respekt, Sicherheit und Chancen – und keine Kündigung, nur weil er oder sie älter ist.
Helene Schuberth ist Bundesgeschäftsführerin des ÖGB für den Bereich Grundlagen und Interessenpolitik sowie Expertin für Volkswirtschaft.