Seit Anfang März hat unser Land eine neue Bundesregierung. Und erstmals seit 1949 besteht diese aus drei Parteien – also durchaus unüblich für Österreich. Die zentrale Säule dieser Dreierkoalition ist der Kompromiss. Jede Partei soll sich im Regierungsprogramm wiederfinden, obwohl viele eigene Forderungen aus dem Wahlkampf – wie so oft – bald wieder in der Schublade verschwinden. Der Kompromiss soll Österreich Stabilität bringen. Und das in einer Welt, die mittlerweile äußerst instabil erscheint.
So überrascht es wenig, dass die neue Regierung die Sozialpartner mehr in ihre Zukunftsvorhaben einbindet. Die Sozialpartnerschaft gilt in Österreich sozusagen als „institutionalisierter Kompromiss“ zwischen den Interessen von Arbeiter:innen und Angestellten auf der einen Seite und jenen von Unternehmer:innen auf der anderen. Von den letzten beiden Regierungen sträflich vernachlässigt, wird sie nun bei wichtigen Themen wie zum Beispiel beim Entwickeln einer Industriestrategie oder bei der Steuerpolitik involviert.
Dennoch dürfen wir nicht vergessen, wie brüchig diese Beziehung geworden ist. Bei den Regeln zum 12-Stunden-Tag bzw. zur 60-Stunden-Woche oder beim Umbau der Sozialversicherung im Jahr 2018 haben die neoliberalen Einflüsterer auf Unternehmensseite ganz und gar nicht sozialpartnerschaftlich gehandelt. Ebenso hätten bei einer Regierung unter Kickl massive Angriffe auf die Arbeiterkammer und auf das System der Sozialpartnerschaft an sich gedroht.
Wir als Gewerkschaftsbewegung müssen diese aktuelle Phase der Kompromisse unbedingt nutzen. Einerseits können wir im Rahmen der Sozialpartnerschaft politisch mitgestalten. Andererseits sollten wir wieder zu den eigenen Stärken zurückfinden. Hierbei gilt es auch, Bündnisse mit anderen Teilen der Zivilgesellschaft – wie der Klimabewegung – zu schließen. Denn eines ist klar: Die Pläne für ein Beschneiden des Sozialstaats und der Rechte der arbeitenden Menschen in diesem Land liegen ganz oben in den Schubladen manch neoliberaler Fanatiker.