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Berufseinstieg

Praktikum:
Berufseinstieg mit Hindernissen

Praktika sollen jungen Menschen erste Einblicke in den Berufs­alltag geben und sie auf das Arbeits­leben vorbereiten. Doch oft lernen sie dabei auch die Schatten­seiten der Erwerbs­tätigkeit kennen.

Christine  Newald
13.08.2025


Sommerzeit ist Praktikumszeit. Immer mehr Schüler:innen und Studierende sammeln bereits während ihrer Ausbildung wertvolle Praktikums­erfahrungen. Tatsächlich hat etwa die Hälfte aller Studierenden im Laufe ihres Studiums zumindest ein Praktikum absolviert. Diese Erfahrungen sollen den Einstieg in den Wunschberuf erleichtern. Doch für viele junge Menschen beginnen die Ungerechtig­keiten des Arbeitslebens schon hier.

Wenig Wissen über Rechte beim Praktikum

Praktikant:innen sind jung, haben wenige Vergleichs­werte und wenig Wissen zum Thema Arbeitsrecht. Sie kennen ihre Rechte und Pflichten noch nicht, stehen zum ersten Mal in einem Betrieb und sind oft sogar froh, überhaupt einen Lohn zu bekommen. Viele rechnen damit, dass alles korrekt abläuft, aber das ist leider nicht immer der Fall. Trotzdem werden selten rechtliche Schritte eingeleitet. Denn es fehlt der Vergleich – und auch Durchsetzungsfähigkeit muss erst gelernt werden.


Boris Ginner, AK Wien © Mirela Jasic
Boris Ginner, AK Wien © Mirela Jasic

Auch ein Sommer­job muss klar geregelt sein – junge Menschen verdienen Respekt und faire Bedingungen.


Boris Ginner, Referent in der Abteilung Lehrausbildung und Bildungspolitik, AK Wien

Dazu kommt: Praktika sind in Österreich arbeitsrechtlich nicht klar definiert. Bestimmungen zu ihrer Bezahlung finden sich zwar in einigen Kollektivverträgen, doch viele Unternehmen nutzen die rechtliche Unklarheit aus und beschäftigen Praktikant:innen in unsicheren und schlecht (oder gar nicht) bezahlten Arbeitsverhältnissen. 

„Ein Praktikum muss man sich leisten können. Ein unbezahltes Praktikum bedeutet für viele Studierende, dass sie zusätzlich Nebenjobs machen müssen. Die Teuerung trifft Studierende hart – und wenn gratis gearbeitet wird, wird die Praktikums­zeit rasch zu einer großen Heraus­forderung“, sagt Boris Ginner, Referent in der Abteilung Lehr­ausbildung und Bildungspolitik der Arbeiterkammer Wien.

Geschlechter­spezifische Unterschiede 

Frauen absolvieren öfter unbezahlte Praktika, weil sie überproportional oft Studienrichtungen wählen, in denen Pflichtpraktika vorgesehen sind – und zwei von drei Pflichtpraktika werden nicht bezahlt. Hinzu kommt, dass sie vermehrt in Branchen tätig sind, in denen generell schlechter entlohnt wird. Besonders häufig entscheiden sich Frauen für Berufe im Sozial- und Gesundheitsbereich oder in der Elementarpädagogik, wo auch im späteren Berufsverlauf die Wertschätzung und die Arbeitsbedingungen schlechter sind. Männer hingegen wählen eher technisch orientierte Studienfelder und erhalten dafür höhere Löhne.

Die schlechtere Bezahlung in Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, hängt nicht mit der Qualifikation oder dem Wert der Arbeit zusammen. Zwei Drittel der Differenz im Stundenlohn zwischen Männern und Frauen lassen sich schlicht durch Lohndiskriminierung erklären. „Die strukturelle Benachteiligung von Frauen beginnt bereits im Praktikum und zieht sich durch ihre gesamte berufliche Laufbahn. Frauen absolvieren häufiger unbezahlte Pflichtpraktika und arbeiten in weniger wertgeschätzten Branchen, was letztlich zu einer signifikanten Einkommenslücke führt“, erklärt Boris Ginner.


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Tipp Symbolbild © AK Wien

Studie

Die der AK in Auftrag gegebene Studie „Praktikumserfahrungen von Studierenden 2023“ (April 2025) steht online zum Download bereit.

Die Rolle der Betriebsräte

Für Betriebsräte ist es wichtig, die Praktikant:innen im Blick zu behalten. Es liegt im Interesse des Betriebsrats, dass Praktikant:innen rechtmäßig bezahlt werden, da dies den Druck auf die Löhne in der Belegschaft verringert. Wie erwähnt, gibt es zwar in manchen Branchen Regelungen für Praktika in Kollektiv­verträgen, aber nicht überall. Wo solche Regelungen fehlen, entsteht Unsicherheit. Was in den Kollektiv­verträgen nicht festgelegt ist, muss auf Betriebs­ebene geklärt werden.

Prinzipiell gilt: Praktikant:innen, die an Arbeits­zeiten gebunden sind und selbst­ständig Aufgaben abarbeiten, befinden sich in einem Arbeitsverhältnis, das jedenfalls zu bezahlen ist. Ein Vergleich mit den Tätigkeiten der Lehrlinge im Betrieb kann bei der Bewertung der ange­messenen Entlohnung helfen. „Es kann keine Lösung sein, dass gesell­schaftliche Probleme auf dem Rücken von Berufs­einsteiger:innen verhandelt werden. Wenn der Gesundheits- und Sozialbereich Fachkräfte braucht, müssen wir für ordentliche Arbeits­bedingungen und entsprechende Finanzierung sorgen“, so Ginner.

gut zu wissen

Praktika in Österreich

  • Ferialpraktika: Finden in den schulfreien Sommermonaten statt. Dabei handelt es sich um reguläre Arbeitsverhältnisse, bei denen Arbeitsleistung gegen Entgelt erbracht wird. 

  • Pflichtpraktika: Sind verpflichtend und werden zur Ergänzung von Ausbildungen gemäß Lehrplänen absolviert. Auch hier liegt ein vollwertiges Arbeitsverhältnis vor, trotz des Ausbildungszwecks. 

  •  Volontariate: Praktika ohne tatsächliche Arbeitsleistung, bei denen ausschließlich Ausbildung erfolgt, und die im Zweifel nicht zu entlohnen sind.


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