Weibliche Führungskräfte im Homeoffice © AdobeStock. Marina Andrejchenko
Interview

Smart Working: Frauen in
Führungs­positionen stär­ken

Die Digi­ta­li­sie­rung schrei­tet nicht nur in unserem All­tag voran. Mit dem Ein­zug ins Home­office ver­än­dert sich die Arbeits­welt und damit auch die An­for­derun­gen an Führungs­kräfte. „Führen aus Distanz“ als Chance oder Risi­ko für Frauen? 
Theresa Goisauf
04.05.2023

Andrea Leitner vom Institut für Höhere Studien (IHS) im Interview mit AKtuell.


AKtuell: Das AK-Digifonds-Projekt „Smart Working – Frauen in Führungs­posi­tio­nen fördern“ ist seit zwei Jahren in vollem Gange und geht nun in den End­spurt. Was ist das Ziel und an wen richtet es sich?

Andrea Leitner: Es geht in dem Projekt darum, dass wir mit Unter­nehmen gemein­sam praxis­orientierte Strate­gien entwickeln, um die Arbeit im Home­office zu erleich­tern. Wir haben uns gefragt, wie hybrides Arbeiten Frauen in Führungs­positionen stärken kann. In Abgren­zung zum Home­office verstehen wir unter „Smart Working“ örtliche und zeitliche Flexi­bilität der Mitarbei­tenden. Auf Basis der Projekt­ergebnisse entwerfen wir zwölf Handlungs­strategien, die Führungs­kräften eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen. Unser Ziel ist es, damit Zu­gangs­barrieren für Frauen in Führungs­positionen abzubauen

Andrea Leitner, IHS © Anders Nilsson
© Anders Nilsson
Andrea Leitner, IHS, leitet das Projekt „Smart Working – Förderung von Frauen in Führungspositionen“.
"Wir haben uns ge­fragt, wie hy­brides Ar­bei­ten Frauen in Füh­rungs­­po­si­tio­nen stär­ken kann."

Andrea Leitner, IHS

AKtuell: Was zeigen die bisherigen Ergebnisse? War etwas Unerwartetes dabei?

Andrea Leitner: Ich möchte vorab nicht zu viel vorwegnehmen. Ich finde es sehr spannend, dass wir mit dem Kooperations­projekt unsere Ebene der For­schung ein bisschen verlassen haben und dabei auch wirklich in das Prak­tische einge­drungen sind. Wir freuen uns über die Ergeb­nisse, die schon bald in Form einer Handlungs­anleitung konkret nutz­bar sind. Mehr dazu gibt es bei einer Veran­staltung im Juni. 


AKtuell: Im Projekt wurde der Umgang mit zeitlicher Verfügbarkeit der Beschäftigten außerhalb der Normalarbeitszeit evaluiert. Welche Handlungsempfehlungen zur Grenzziehung von Arbeit und Privatleben findest du sinnvoll?

Andrea Leitner: Auch Führungs­kräfte arbeiten immer mehr von zu Hause aus. Erste Ergeb­nisse zeigen, dass bei Männern und Personen ohne Betreuungs­pflichten eher erwartet wird außerhalb der regulären Arbeits­zeiten zu arbeiten als bei Frauen oder Personen mit Betreuungs­pflichten. Auch im Home­office braucht es dringend klare Rege­lungen, wie zum Beispiel ein Recht auf Nicht­erreich­barkeit in der Frei­zeit. 


AKtuell: Im Home­office arbeiten Mit­ar­bei­ter:innen selbs­torga­ni­sier­ter, wodurch sich auch die Füh­rungs­kom­peten­zen ändern. Es rücken Fähig­keiten in den Vorder­grund, die tradi­tionell eher Frauen zuge­schrieben werden. Ist das hybride Arbeiten eine Chance für Frauen, leich­ter in Führungs­posi­tionen zu kommen? 

Andrea Leitner: Empathie, Sozial­kompetenz, Kommuni­ka­tions­stärke: Was früher ein „nice to have“ war, gewinnt heute immer mehr an Bedeu­tung. Das sind Eigen­schaf­ten, die man vor allem Frauen zuschreibt. So ein Führungs­stil ist nicht unbe­dingt ein­facher, sondern zeit­lich viel auf­wendiger. Weil es darum geht, sehr viel mehr in Kommuni­kation mit den Beschäf­tigten zu treten, zuzu­hören und zu reflek­tieren. Ich sehe das als wich­tigen Schritt, dass Frauen dadurch mehr Chancen bekommen, in Führungs­positionen auf­zu­stei­gen. 


AKtuell: Der aktuelle AK Frauen Manage­ment Report zeigt, dass nur 8 Prozent des Manage­ments der Unter­nehmen in Österreich Frauen sind. Was bringt es den Beschäf­tigten, wenn mehr Frauen in Führungs­posi­tionen sind? 

Andrea Leitner: Wenn mehr Frauen oben sind, ver­bessert sich oft auch das Betriebs­klima. Beschäf­tigte fühlen sich besser abgeholt. Plötz­lich zeigt sich in den Be­trieben, dass es sehr wohl auch um persönliche Befind­lich­keiten geht und, dass man sich um die Beschäf­tigten sorgt. Das macht das Arbeits­klima nicht nur familien­freund­licher, sondern insgesamt auch men­schen­freund­licher. 


AKtuell: Wie können Betriebs­rät:innen die Projekt­ergeb­nisse nutzen? 

Andrea Leitner: Die Projekt­ergeb­nisse werden in einer ab­schlie­ßen­den Fach­tagung und einem hand­lungs­an­lei­ten­den Strategie­papier für Arbeit­nehmer:innen, Betriebs­rät:innen, Gewerk­schaften und Arbeit­geber:innen zur Ver­fügung gestellt. Bei der Ver­an­staltung wollen wir die Strate­gien im Po­dium reflek­tieren. Für die Dis­kussions­runde haben wir uns bereits provo­kante Fragen über­legt. Außer­dem legen wir die gut struk­turierte und lese­freund­liche Handlungs­an­leitung auf.  


Webtipp

Tipp Symbolbild © AK Wien

Fachtagung

Die Fachtagung „Homeoffice: Fortschritt oder Falle? Strate­gien zur Stär­kung von Frauen in Führungs­posi­tio­nen“ findet am 23. Juni 2023 von 9:00 – 13:00 Uhr im Bildungs­zentrum der AK Wien statt. 

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