AKtuell: Was zeigen die bisherigen Ergebnisse? War etwas Unerwartetes dabei?
Andrea Leitner: Ich möchte vorab nicht zu viel vorwegnehmen. Ich finde es sehr spannend, dass wir mit dem Kooperationsprojekt unsere Ebene der Forschung ein bisschen verlassen haben und dabei auch wirklich in das Praktische eingedrungen sind. Wir freuen uns über die Ergebnisse, die schon bald in Form einer Handlungsanleitung konkret nutzbar sind. Mehr dazu gibt es bei einer Veranstaltung im Juni.
AKtuell: Im Projekt wurde der Umgang mit zeitlicher Verfügbarkeit der Beschäftigten außerhalb der Normalarbeitszeit evaluiert. Welche Handlungsempfehlungen zur Grenzziehung von Arbeit und Privatleben findest du sinnvoll?
Andrea Leitner: Auch Führungskräfte arbeiten immer mehr von zu Hause aus. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei Männern und Personen ohne Betreuungspflichten eher erwartet wird außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu arbeiten als bei Frauen oder Personen mit Betreuungspflichten. Auch im Homeoffice braucht es dringend klare Regelungen, wie zum Beispiel ein Recht auf Nichterreichbarkeit in der Freizeit.
AKtuell: Im Homeoffice arbeiten Mitarbeiter:innen selbstorganisierter, wodurch sich auch die Führungskompetenzen ändern. Es rücken Fähigkeiten in den Vordergrund, die traditionell eher Frauen zugeschrieben werden. Ist das hybride Arbeiten eine Chance für Frauen, leichter in Führungspositionen zu kommen?
Andrea Leitner: Empathie, Sozialkompetenz, Kommunikationsstärke: Was früher ein „nice to have“ war, gewinnt heute immer mehr an Bedeutung. Das sind Eigenschaften, die man vor allem Frauen zuschreibt. So ein Führungsstil ist nicht unbedingt einfacher, sondern zeitlich viel aufwendiger. Weil es darum geht, sehr viel mehr in Kommunikation mit den Beschäftigten zu treten, zuzuhören und zu reflektieren. Ich sehe das als wichtigen Schritt, dass Frauen dadurch mehr Chancen bekommen, in Führungspositionen aufzusteigen.
AKtuell: Der aktuelle AK Frauen Management Report zeigt, dass nur 8 Prozent des Managements der Unternehmen in Österreich Frauen sind. Was bringt es den Beschäftigten, wenn mehr Frauen in Führungspositionen sind?
Andrea Leitner: Wenn mehr Frauen oben sind, verbessert sich oft auch das Betriebsklima. Beschäftigte fühlen sich besser abgeholt. Plötzlich zeigt sich in den Betrieben, dass es sehr wohl auch um persönliche Befindlichkeiten geht und, dass man sich um die Beschäftigten sorgt. Das macht das Arbeitsklima nicht nur familienfreundlicher, sondern insgesamt auch menschenfreundlicher.
AKtuell: Wie können Betriebsrät:innen die Projektergebnisse nutzen?
Andrea Leitner: Die Projektergebnisse werden in einer abschließenden Fachtagung und einem handlungsanleitenden Strategiepapier für Arbeitnehmer:innen, Betriebsrät:innen, Gewerkschaften und Arbeitgeber:innen zur Verfügung gestellt. Bei der Veranstaltung wollen wir die Strategien im Podium reflektieren. Für die Diskussionsrunde haben wir uns bereits provokante Fragen überlegt. Außerdem legen wir die gut strukturierte und lesefreundliche Handlungsanleitung auf.