AKtuell: Welche Rolle hat der Betriebsrat in diesem Fall?
Wolfgang Kozak: Im Beendigungsrecht keine. Er wird nur verständigt von der Nichtverlängerungserklärung, er kann vielleicht am herkömmlichen Weg noch etwas erreichen. Aber, wie’s im Wiener Lied heißt: „Wenn der Herrgott nicht will, nutzt das gar nichts“ – das ist in diesem Fall das Theaterunternehmen. In der letzten großen Novellierung des TAGs haben wir zumindest erreicht, dass die Nichtverlängerungserklärung nicht gilt, sollte der Betriebsrat nicht vorher informiert worden sein.
AKtuell: Welche Möglichkeiten gibt es jetzt?
Wolfgang Kozak: Man schreibt einen Brief an die EU-Kommission und informiert sie, dass Österreich im Umsetzungsdefizit ist. Die zweite Möglichkeit ist: auf Staatshaftung klagen (auf Entschädigungszahlung vom Staat, Anm.). Weil jemand einen Schaden daraus hat, wogegen sich die Person nicht wehren kann.
AKtuell: Warum entscheidet der OGH nicht so, dass österreichisches Recht entsprechend geändert wird?
Wolfgang Kozak: So wie der OGH hier entschieden hat, ist es am Boden des Unionsrechtes. Weil es der EuGH den nationalen Gerichten ja freistellt, ob sie über die nationale Gesetzgebung hinweggehen. Der OGH lässt die Regel unangewendet. Und Österreich hat Unionsrecht nicht umgesetzt. Die Befristungsrichtlinie ist schon relativ alt, aus den 1990er Jahren. Österreich ist hier säumig – und argumentiert: Wir können über unseren Sittenwidrigkeitsparagrafen 879 im ABGB sowieso Verträge mit Befristungen kontrollieren; das sei ein ausreichender Schutzmechanismus, dass wir die Richtlinie umgesetzt hätten. Bloß: Außer den österreichischen Regierungen und dem OGH ist niemand in der Wissenschaft der Meinung, dass das stimmt. Aber die EU-Kommission (als Hüterin des Gemeinschaftsrechts, Anm.) hat bis jetzt die Argumentation akzeptiert.
Der OGH trägt hier die Verantwortung dafür, dass er Arbeitnehmerschutz unter Unionsrecht hält. Noch dazu in einem Bereich, wo wir uns als Land so toll herausstreichen. Mit diesem Fall wird Kultur am Rücken anderer ermöglicht, weil der OGH nur eine eingeschränkte Willkürkontrolle den Künstler:innen bei Bühnen zugesteht.
Wenn nationale Normen EU-Recht widersprechen, wird es in Zukunft immer schwerer werden, dieses Manko über Gerichtsverfahren zu sanieren. Sondern man wird auf den Gesetzgeber zurückgeworfen. Das ist eine sehr unsensible Judikatur. Das Gericht hat nicht seine Aufgabe gesehen, den Schwächeren zu schützen.