Das OGH-Urteil
Die beklagte Medizinuniversität ging in Berufung. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte nun in einem Urteil den Anspruch der Mitarbeiterin auf Entfristung. Obwohl das Verfahren damit positiv für die Klägerin ausgegangen ist, bringt das Urteil laut AK-Jurist Wolfgang Kozak keine dienstrechtlichen Verbesserungen. Ein positiver Aspekt sei zwar, dass der EuGH hinsichtlich der mittelbaren Diskriminierung in diesem Fall die Beweislast umgekehrt hat, d. h. nicht mehr die Klägerin, sondern die beklagte Partei muss Beweise erbringen. Frauen arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit, insbesondere dann, wenn sie Betreuungspflichten haben. „Auf das Argument der mittelbaren Diskriminierung und die Verfassungskonformität des Gesetzes geht das Urteil des OGH allerdings nicht im Ansatz ein“, kritisiert Kozak, der sich hier eine ausführlichere Prüfung gewünscht hätte.
Das Urteil des OGH bezieht sich in seiner Argumentation auf den Zweck des Universitätsgesetzes, demzufolge der § 109 das wissenschaftliche Fortkommen gewährleisten soll. Die beklagte Universität habe jedoch nicht darlegen können, inwiefern eine weitere befristete Stelle für die Karriere der Mitarbeiterin gerechtfertigt gewesen wäre. Ein Ausscheiden der Wissenschafterin hätte zudem keine großen Auswirkungen auf das betreffende Projekt gehabt. Eine weitere Befristung wäre daher nicht zulässig gewesen. Die Klage wird somit ausschließlich als Einzelfall behandelt. „Das grundsätzliche Problem der Kettenverträge wurde durch das Urteil aber nicht einmal im Ansatz gelöst“, fasst AK-Jurist Wolfgang Kozak zusammen.
Probleme bleiben
Der § 109 wurde im Zuge der Reform des Universitätsgesetzes zwar geändert, aber die Probleme durch die langen und oftmaligen gesetzlichen Befristungsmöglichkeiten bleiben. Viele vor allem jüngere Wissenschafter:innen mit befristeten Arbeitsverträgen sind unzufrieden und beklagen mangelnde Karriereperspektiven, wie eine aktuelle Studie der AK Wien zeigt. Kettenarbeitsverträge erhöhen nicht zuletzt das Machtgefälle zugunsten der Vorgesetzten, die oft auch zugleich für die (wissenschaftliche) Karriere der Mitarbeiter:innen zuständig sind, und erleichtern Machtmissbrauch. Befristete Arbeitsverträge an den Universitäten sind in vielen Fällen sachlich nicht zu rechtfertigen. „Die Universitäten decken ihren Dauerbedarf über Kettenverträge ab,“ so Wolfgang Kozak. Die AK fordert daher schon lange eine Überarbeitung der Kettenvertragsregel, damit Befristungen nur in Ausnahmefällen möglich sind.
FACTBOX
Die AK fordert:
Arbeitsbedingungen des Wissenschaftspersonals verbessern!
- Verpflichtende nachhaltige Personalstrukturplanungen an den Universitäten, die Karriereperspektiven für Jungforscher:innen schaffen.
- Verbesserte Arbeitsbedingungen (z. B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Umgang mit unbezahlter und impliziter Mehrarbeit).
- Umfassende Novellierung der Kettenvertragsregel im § 109 des UG und gesetzliche Anpassung an die Interessenslage der Beschäftigten.