Daniela Lidl: Jammern ist nicht meine Art. Fachkräftemangel haben auch wir, nur nehmen wir ihn anders wahr. Wir bilden die Leute selber aus, haben ein Lehrlingsmanagement und nehmen auch Quereinsteiger:innen auf – wir haben ja nicht nur IT-Jobs. Ein großer Hebel ist unser Betriebsklima. Wir gehen wertschätzend und kollegial miteinander um, auch zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. Für mich sind die Mitarbeiter:innen das höchste Gut. Ich habe zwar eine Rolle, die muss, kann, darf und werde ich wahrnehmen – aber die beste Führung hilft nichts ohne engagierte Mitarbeiter:innen.
Daniela Lidl, Geschäftsführerin, WienIT
Daniela Lidl: Zumindest in der WienIT ist der Frauenanteil relativ hoch. Im Top-Management haben wir einen Frauen-Anteil von rund 50 Prozent. In der übrigen Welt draußen sieht es anders aus. Das habe ich selbst erlebt: Schon im Studium musstest du dich als Frau drei Mal beweisen, um akzeptiert zu werden. Davon hab‘ ich mich nicht abbringen lassen. Ich habe einfach mein Ding gemacht.
Die Gesellschaft ist hier als Ganzes gefordert. Auch jede und jeder Einzelne von uns. Das beginnt schon bei der Erziehung, wo beide Elternteile das entsprechende Mindset einbringen müssen. Sonst werden wir das nicht schaffen. Im Konzern haben wir ebenfalls einen „Töchtertag“: Wir laden die Mädels zu WienIT ein, damit sie Einblick in die Technik bekommen und eventuell Unsicherheiten und Ängste ablegen können.
Gerald Oujezky: Es ist angenehm. Daniela geht die Dinge mit großem Optimismus an und ist offen für die Themen, die wir aus der Belegschaft an sie herantragen. Gegenüber den Geschäftsführungen, die ich schon erlebt habe, ist das ein großer Gewinn. Also der Führungsstil ist ganz anders. Auch der Zugang zu den Themen. Noch haben wir in der Technik ein Verhältnis zwei zu eins zwischen Männern und Frauen. Daniela ist seit sechs Jahren hier und hat mit einem Verhältnis von zehn zu eins übernommen. Das spiegelt sich auch im Betriebsrat wider, da haben wir derzeit einen Frauenanteil von 33 Prozent.
Gerald Oujezky: Ich habe den Eindruck, dass sich Frauen weniger in den Vordergrund drängen und dass sich Männer mehr Fähigkeiten zutrauen, die sie vielleicht gar nicht haben. Da haben wir als Betriebsrat unseren Job zu tun und die Frauen zu überzeugen – „Ihr könnt das!“.
Gerald Oujezky: Das meine ich auch so, natürlich! Ich bemühe mich, Frauen ins Mandat zu heben – wenn sich da Kolleginnen finden, sind sie mehr als nur willkommen. Am Ende meines Mandats habe ich bereits eine mögliche Nachfolgerin im Auge.
Gerald Oujezky, Betriebsrat, WienIT
Daniela Lidl: Ich versuche ein Role Model zu sein, gehe viel hinaus, spreche in anderen Unternehmen. Mein zweiter Hebel ist: In den direkten Besetzungen achte ich darauf, Frauen zu fördern. Wobei das so klingt, als ob wir das notwendig hätten – das ist Bullshit. Insgesamt haben wir einen Frauenanteil von rund 31 Prozent, da geht noch mehr. Was ich aber nicht möchte, ist eine weibliche Besetzung, nur weil es eine Frau ist. Frauen sind in der IT richtig – nicht OBWOHL sie Frauen sind, sondern WEIL sie Frauen sind, die gut in ihrem Job sind. Am Ende zählt, dass wir menschlich sind, auf Augenhöhe.
Daniela Lidl: Ich reize die Konzernrichtlinien maximal aus. Die Mitarbeiter:innen dürfen bis zu drei Homeoffice-Tage pro Woche machen. Wie die Arbeitszeitbedürfnisse sind, ist mit der Führungskraft zu vereinbaren. Je mehr Freiheiten man hat, desto größer ist die Arbeitsleistung. Und das belegen die Umsatzzahlen der WienIT eindeutig. Das ist für mich einer unserer Erfolgsfaktoren.
Daniela Lidl: Genau, das ist gut beschrieben. Momentan überlegen wir noch, unsere Homeoffice-Richtlinie auszuweiten. Wir haben nicht nur Mitarbeiter:innen aus Österreich – da ist es oft sinnvoll, wenn man Mobile Working von woanders machen kann.
Gerald Oujezky: Berufliches und Privates ist bei uns gut vereinbar. Wir haben Gleitzeit zwischen sechs und 20 Uhr. Homeoffice sehe ich positiv, aber auch als eine Gratwanderung. Es sollte nicht eine Pflegefreistellung ersetzen, die wir bewusst auch stundenweise ermöglichen, oder gar einen Krankenstand.
Gerald Oujezky: Ich bin rund um die Uhr erreichbar, telefonisch, per Mail oder über MS-Teams. Und ich melde mich proaktiv. Seit zwei Monaten haben wir einen neuen Welcome Bereich, eine Art Social Hub. Da kommen die Teams aus allen Stockwerken zusammen, man bleibt nicht nur im eigenen Radius – dieses lockere Ambiente ist extrem wertvoll.
In Österreich sind Frauen im Management noch immer stark unterrepräsentiert. Im Frauen Management Report 2023 findest du Näheres dazu.