Wolfgang Kozak ist Jurist im Bereich Arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz der AK Wien. Wir haben ihn zum OGH-Urteil in Bezug auf Betriebsratswahlen befragt.
Wolfgang Kozak: Bei diesem Verfahren ging es um die Betriebsratswahl in einem Betrieb mit mehreren Außenstellen. Für den größten Standort in Wien hat der Wahlvorstand eine Präsenzwahl beschlossen. Für die Außenstellen entschied der Wahlvorstand, dass per Wahlkarte gewählt werden soll – also eine Briefwahl.
Im Zuge dieser Wahl gab es mehrere Schwierigkeiten: Erstens gab es viele ungültige Stimmen, weil nicht die gesamte Wahlkarte, sondern nur der Stimmzettel zurückgeschickt wurde. Zweitens wurden einige Wahlkarten so spät versandt, dass keine Stimmabgabe mehr möglich war. Das Ergebnis der Wahl war, dass eine kandidierende Liste drei Mandate und die andere Liste zwei Mandate erreichte. Die unterlegene Liste hat die Wahl angefochten.
Zunächst möchte ich festhalten, dass beim Anfechten einer Betriebsratswahl nicht jeder Fehler automatisch zu einer Wahlwiederholung führt. Stellt jedoch ein Gericht schwerwiegende Fehler fest, die maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis haben könnten, muss die Wahl wiederholt werden.
In diesem Fall argumentierte die unterlegene Liste mit einem Formalfehler bei den Wahlkarten. Demnach sei der Versand der Wahlkarten unzulässig gewesen, weil die einzelnen Wähler:innen keinen Antrag gestellt hätten.
Wolfgang Kozak, Arbeitsrechtsexperte in der AK Wien
Der OGH hat hier wichtige Grundsätze für die Betriebsratswahl festgehalten: Erstens ist der Wahlvorstand verpflichtet, festzustellen, ob jemand im Betrieb wählen kann. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kann der Wahlvorstand selbständig entscheiden, Wahlkarten auszuschicken. Der Wahlvorstand ist hier nicht auf Anträge der einzelnen Wahlberechtigten angewiesen. Der Wahlvorstand hat hier also korrekt gehandelt.
Außerdem hat der OGH entschieden, dass das Zurückschicken der Stimmzettel ohne vollständige Wahlkarte und damit die Abgabe einer ungültigen Stimme in der Eigenverantwortung der einzelnen Beschäftigten liegt. Diese Punkte stellen also keinen Grund für die Aufhebung der Wahl dar.
Hier geht es um die rechtzeitige Aussendung der Wahlkarten. Laut OGH wurden einige Wahlkarten so spät an die Wahlberechtigten geschickt, dass diese de facto nicht mehr an der Wahl teilnehmen konnten. Der OGH verwies diesen Punkt daher an die
erste Instanz zurück, die nun feststellen muss, ob eine maßgebliche Anzahl von Wahlkarten zu spät weggeschickt wurde. Wenn dies der Fall gewesen ist und dabei ein kritischer Wert erreicht wurde, dann müsste die Wahl neu durchgeführt werden.
Der Wahlvorstand muss die Wahlkarten rechtzeitig versenden, damit die Mitarbeiter:innen an der Wahl teilnehmen können. Das bedeutet, dass die Wahlkarten spätestens sechs Tage vor Fristende verschickt werden müssen.
Grundsätzlich ist es bei jeder Betriebsratswahl empfehlenswert, die Expert:innen der Gewerkschaft zu kontaktieren, um Fehler zu vermeiden.
Nutze das Wissen der Gewerkschaft für die Organisation der Betriebsratswahl. Auf der ÖGB-Website für Betriebsrät:innen findest du zudem Formulare und Fristenrechner für die Wahl. Auch der Ratgeber „Die Betriebsratswahl“ ist dort abrufbar