Andrea Wadsack: So weit ich informiert bin, herrscht mehr oder weniger Stillstand.
Gerald Mjka: Das kann ich leider nur bestätigen.
Andrea Wadsack: Weil Forderungen seitens der Gewerkschaften, der AK und anderer Interessenvertreter:innen ignoriert werden. Neben einem eklatanten Mangel an Operationsassistent:innen fehlt es ja auch an Radiologietechnolog:innen, Biomedizinischen Analytiker:innen sowie Ordinationsassistent:innen. Das bedeutet Verzögerungen bei Diagnosen und Dokumentationen und Verschieben von Operationen. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter:innen vor allem in den medizinischen Assistenzberufen immer wieder im rechtlichen Graubereich handeln müssen: Um den Betrieb aufrechthalten zu können, werden sie zu Tätigkeiten herangezogen, für die sie nicht ausgebildet sind.
Gerald Mjka: Gerade jetzt, wo es immer schwieriger wird, qualifiziertes Personal anzuwerben, ist eine Aufwertung der medizinischen Assistenzberufe wichtig. Durch eine profunde Ausbildung und ein Gesetz, das der aktuellen Situation gerecht wird, würde man viele kritische Bereiche entlasten können und die Berufe aufwerten. Durch die Aufnahme der MAB in das Gesundheitsberuferegister würde auch die Bedarfsplanung in Form von gezieltem Einsatz von Fachwissen erleichtert werden.
Andrea Wadsack: Die in Therapie und Diagnostik tätigen MTD wie zum Beispiel Physio- oder Ergotherapeut:innen und Radiologietechnolog:innen haben eine sechssemestrige Fachhochschulausbildung, in der sie umfassende Kompetenzen erwerben. In der Praxis können sie sie meist nur sehr eingeschränkt anwenden, da immer die ärztliche Anordnung voransteht. Das muss geändert werden, wenn es eine zukunftsfitte und leistbare Gesundheitsversorgung in Österreich geben soll. Unsere Forderung ist ein einfacherer niederschwelliger Zugang zu dem großen fundierten Leistungsumfang der gehobenen MTD für die Patient:innen und Klient:innen. Das würde nicht nur Leid, sondern auch Geld sparen. Bettensperren bei Ärzt:innen- oder Pflegemangel eignen sich für Negativschlagzeilen – was der Ausfall eines Labors oder einer Radiologie bedeuten würde, darüber schreibt niemand.
Gerald Mjka: Bei Operationen gibt es zum Beispiel als Röntgengerät einen C-Bogen. Diesen dürften eigentlich nur Radiologietechnolog:innen und Röntgenassistent:innen bedienen. Wenn die fehlen, werden oft OP-Assistent:innen über ihre Ausbildung hinaus tätig. Hier müsste dringend das Berufsgesetz reformiert werden, weil sich in der Praxis rechtliche Unschärfen zeigen. Denn wenn die verbliebenen Beschäftigten sich weigern, über ihre rechtlichen Kompetenzen hinaus zu handeln – was verständlich ist und sie auch nicht bezahlt bekommen – haben wir eine weitere Engstelle in der Gesundheitsversorgung.
Gerald Mjka: Sie sollen für sich selbst sprechen können, weil sie ihre Situation einfach selbst am besten kennen. Daher nehme ich Vertreter:innen dieser Berufsgruppen zu Verhandlungen mit, um sie in Entscheidungen, die ihre berufliche Zukunft betreffen, miteinzubinden. Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen sollen ihren Problemen und Sorgen Aufmerksamkeit schenken.
Andrea Wadsack: Dem kann ich mich nur anschließen. Die medizinischen Assistenz- und die gehobenen medizinisch-therapeutisch diagnostischen Berufe sollten die Aufmerksamkeit bekommen, die ihren kompetenten Leistungen entsprechen. Denn ohne sie funktioniert keine Gesundheitsversorgung. Sie sollen sich zahlenmäßig adäquat in den Ausschüssen und Gremien wiederfinden, um ein sichtbares Zeichen zu setzen, dass ihre Fachkompetenz Anerkennung findet.
Was fehlt im „größten Pflegepaket“?
Was bleibt vom „größten Pflegepaket“?
In der AK Wien gibt es die Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik. Die Expert:innen der Abteilung arbeiten eng mit den Gewerkschaften zusammen und stehen für die Erörterung von berufsrechtlichen und berufspolitischen Fragen, zum Beispiel im Rahmen von Betriebsversammlungen oder Sprechtagen, zur Verfügung.
Kontakt:
AK Wien / Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik
E-Mail: gp@akwien.at