Bei-Gericht-im-Einsatz_Headerbild-gross © AA+W AdobeStock
Arbeits- und Sozialgericht

Als Laienrichter:innen beim Arbeitsgericht im Einsatz

Viele Betriebsrät:innen wirken als Laienrichter:innen an Gerichtsverfahren mit. Wie sie zu dieser Aufgabe kommen? Und welche Voraussetzungen sie erfüllen müssen?
Martina Fassler
28.05.2022
in diesem Artikel

    AK-Parlament wählte Laienrichter:innen

    Am 11. November 2021 war es so weit. Bei der Vollversammlung wählte das AK Parlament in Wien rund 400 Laienrichter:innen. Sie sind als Vertretung der Arbeitnehmer:innenseite in den kommenden fünf Jahren am Arbeits- und Sozialgericht Wien im Einsatz.

    In gemischten Senaten, die aus einem Berufsrichter als Vorsitzenden und je einem Laienrichter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmer:innen-Seite bestehen, werden sie an der Beweisaufnahme und Urteilsfindung mitwirken. Und damit über existenzielle Fragen entscheiden: Ob die Entlassung von Herrn M. gerechtfertigt war oder der Arbeitgeber ihn dadurch um Ansprüche prellen wollte. Ob Frau H. eine Berufsunfähigkeitspension bekommt oder die Ablehnung der Pension durch die PVA aufrecht bleibt. Auch Streitigkeiten aus der Betriebsverfassung, etwa wenn eine Betriebsratswahl angefochten wird, landen vor dem Arbeits- und Sozialgericht.


    gut zu wissen

    Wie werden Laienrichter:innen gewählt?

    In Arbeits- und Sozialrechtssachen sind in allen drei Instanzen Laienrichter:innen im Einsatz. Die Laienrichter:innen für den Bereich der Privatwirtschaft werden auf Arbeitnehmer:innenseite für die erste Instanz, das Arbeits- und Sozialgericht Wien, von der Vollversammlung der AK Wien gewählt.

    Die Wahl der Laienrichter:innen für die zweite und dritte Instanz, die Oberlandesgerichte (OLGs) und den Obersten Gerichtshof (OGH), ist Aufgabe der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer. Sie wählt bei ihrer Tagung im Dezember die Laienrichter:innen für die OLGs und den OGH für die Amtsperiode 2022 bis 2026.



    Welche Voraussetzungen müssen Laienrichter:innen erfüllen?

    „Die fachkundigen Laienrichter:innen wissen, wie es in den Betrieben läuft. Dieser Erfahrungsschatz soll bei der Beweiswürdigung und Urteilsfindung einfließen“, erklärt AK-Jurist Matthias Balla. Voraussetzung, um das Amt auszuüben ist nicht ein Jus-Studium, sondern Praxiserfahrung im Arbeitsleben. In den Verhandlungen führt der Berufsrichter bzw. die -richterin den Vorsitz. Die Laienrichter:innen können aber ebenso beide Parteien einvernehmen und die Zeug:innen befragen. Dabei müssen sie unparteiisch sein; düren also nicht, weil sie von Arbeitgeber-bzw. Arbeitnehmer:innenseite kommen, einseitig agieren.

    "Der Erfahrungsschatz der Laienrichter:innen soll bei der Beweiswürdigung und Urteilsfindung einfließen."

    Matthias Balla, Jurist, AK Wien

    „Für diese Funktion ist es wichtig, gut zuhören und beobachten zu können. Geben die Befragten Widersprüchliches von sich?“, erzählt Johanna Staufer.

    Die Elementarpädagogin, die bis 2020 Betriebsrätin bei den Kinderfreunden war, hat bereits zwei Amtsperioden zu je fünf Jahren als Laienrichterin hinter sich. Mittlerweile in Pension, hängt sie, wie gesetzlich erlaubt, eine weitere Periode an.

    Faire Lösungen wollen gefunden werden

    „Das, was am Anfang der Verhandlung von den Parteien behauptet wird und das, was am Schluss rauskommt, kann sich sehr voneinander unterscheiden. Man wirkt mit, eine faire Lösung zu finden“, sagt AK-Experte Balla.

    Johanna Staufer ergänzt: „Gerade in arbeitsgerichtlichen Streitfällen zahlt es sich oft aus, mit beiden Parteien länger zu diskutieren, sodass am Ende ein Vergleich herauskommt. Die Richter:innen sind bemüht, im Miteinander eine Lösung zu finden. Da habe ich viel gelernt, das mir auch als Betriebsrätin nützlich war.“


    Praxisnahe Seminare für Laienrichter:innen

    Mit Jänner 2022 hat die neue fünfjährige Funktionsperiode begonnen. Für diese bietet die AK Wien eine vielfältige Seminarreihe an.

    Vier Grundmodule bereiten die Laienrichter:innen auf ihre Tätigkeit vor Gericht vor. Ziel ist es, die Laienrichter:innen fachlich und in ihrer sozialen Kompetenz zu stärken, damit sie eine eigene Position zum Fall ausbilden, Interventionen setzen und durch gezielte Fragen zur vollständigen Klärung des Sachverhalts beitragen können.

    Um die Interessen der Arbeitnehmer:innen herauszuarbeiten, aber auch die Praxisnähe zum Arbeits- und Sozialgericht herzustellen, werden die Seminare in vielen Fällen gemeinsam von ASG-RichterInnen mit AK-ExpertInnen gehalten.

    Alle Infos zu den Modulen sowie die Möglichkeit zur Seminaranmeldung findest du direkt auf der Webseite: wien.arbeiterkammer.at/laienrichter



    Weitere Artikel

    Wähler wirft Stimmzettel in Wahlurne © Christian Schwier, stock.adobe.com
    Wahlbeteiligung
    Wie beeinflusst ein Betriebsrat die Demokratie?
    Eine Studie hat die Auswirkungen von Einkommen und sozialer Schicht auf die Demokratie untersucht. Auch die Bedeutung von Betriebsräten wird aufgezeig...