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Recht klar

Streik­recht: Was gilt, wenn Be­schäf­tig­te die Ar­beit nie­der­le­gen?

In Finn­land wird das Streik­recht ange­grif­fen, wäh­rend Öster­reich eine Wel­le von erfolg­rei­chen Streiks er­lebt hat. ÖGB-Arbeits­rechts­experte Michael Trinko gibt Ant­worten auf die wich­tig­sten Fra­gen zum Streik­recht in Öster­reich.
Peter Leinfellner
18.12.2023

 

Seitdem in Finnland eine rechts­liberale Regie­rung an der Macht ist, weht ein anderer Wind. Um Arbeits­kämpfe und Proteste von Beschäf­tigten zu beschneiden und die Gewerkschafts­bewegung zu schwächen, gibt es einen massiven Angriff auf das Streik­recht. Arbeits­nieder­legungen dürfen nur mehr eine bestimmte Zeit dauern und unter Umständen drohen Straf­zahlungen von bis zu 150.000 (!) Euro.

Streik: Machtvolles Druckmittel

Davon sind wir in Österreich weit entfernt – ganz im Gegenteil: Im vergan­genen Herbst ist im Zuge der Kollektiv­vertrags­verhandlungen eine regel­rechte Streik­welle über Österreich hinweg­geschwappt. Von den Beschäftigten in der Metall­tech­nischen Branche bis hin zu den Beschäf­tigten im Handel wurde die Arbeit im Kampf für mehr Geld großflächig nieder­gelegt. Mit Erfolg! 

Streiken ist wichtig, da es Arbeit­nehmer:in­nen eine effektive Möglich­keit bietet, für ihre Rechte einzutreten und gerechtere Arbeits­bedingungen zu fordern. Es ist ein macht­volles Druckmittel, um Arbeit­geber zu Verhand­lungen zu bewegen und Ungleich­gewichte in der Arbeits­welt auszu­gleichen.

Rund um das Thema Streiken gibt es immer wieder Fragen von Arbeitnehmer:innen.

 
ÖGB-Arbeits­rechts­experte Michael Trinko hat die wichtigsten Antworten:

Manche Arbeit­geber sagen, man dürfe nicht streiken – stimmt das?

Michael Trinko: Nein – streiken ist in Österreich erlaubt. Das Streik­recht ist nicht nur durch die österreichische Verfassung und die Menschen­rechts­kon­vention abgesichert, sondern auch in der EU-Grund­rechte­charta. Streiken ist ein Menschen­recht. Niemand, der an einem Arbeits­kampf teilnimmt, darf deswegen benachteiligt werden.

Was ist der Unter­schied zwischen einem Streik und einer Betriebs­versammlung?

Michael Trinko: Eine Betriebs­versammlung dient dem Betriebsrat dazu, die Belegschaft zu informieren, etwa über den Stand bei Kollektiv­vertrags­verhandlungen und die Aus­wirkungen des Angebots der Arbeit­geber auf die Ein­kommen der im Betrieb Beschäftigten. Die Einberufung der Betriebs­versammlung kann mittels Aushangs erfolgen und muss für jeden bzw. jede Arbeit­nehmer:in sichtbar sein. Klar ist: Die Teil­nahme an einer ordnungs­gemäß einbe­rufenen Betriebs­versammlung ist niemals ein Streik.

Michael Trinko, ÖGB © ÖGB, Roland deRoo
© ÖGB, Roland deRoo
Michael Trinko, ÖGB

Bekomme ich trotz Streik mein Entgelt? 

Michael Trinko: Der Arbeit­geber muss während eines Streiks meinen Lohn bzw. mein Gehalt nicht zahlen. Manch­mal ist es aber so, dass die bestreikten Unter­nehmen die Bezahlung der Streik­stunden übernehmen. Wer Gewerkschafts­mitglied ist, ist aber auf alle Fälle durch den Streik­fonds des ÖGB abgesichert – dieser springt im Fall der Fälle ein und es gibt Geld.


Welche Arten von Streiks gibt es?

Michael Trinko: Die bekanntesten bzw. am öftesten angewandten sind sicherlich der Warnstreik, der Vollstreik, Teilstreik bzw. der General­streik. Ein Warnstreik ist zeitlich befristet zum Beispiel für 3 Stunden und soll dem Gegenüber den Ernst der Situation auf­zeigen. Bei einem General­streik legen die Beschäftigten eines Landes die Arbeit nieder, bei einem Vollstreik hingegen sind es die Beschäftigten einer Branche, wobei hingegen bei einem Teilstreik nur ein bestimmter Teil der Beschäftigten streikt. Darüber hinaus gibt es noch Schwer­punkt­streiks wo bestimmte Betriebe bestreikt werden.

Wer kann an einem Streik teil­nehmen?

Michael Trinko: Grund­sätzlich alle Arbeit­nehmer:in­nen, also Angestellte, Arbeiter:innen und Lehrlinge. Auszu­nehmen ist die Berufs­schule, diese müssen Lehrlinge in jedem Fall besuchen. Streik­brecher:innen kann man durch eine sach­liche Dis­kussion auffordern, sich am Streik zu beteiligen und sich solidarisch zu erklären.

Gut zu wissen

  • Darf ich an einem Streik teilnehmen? 
    Ja, streiken ist ein Menschen­recht und in Österreich durch die Ver­fassung abgesichert.
  • Bekomme ich während eines Streiks weiter meinen Lohn bzw. mein Gehalt?
    Ja, Gewerkschafts­mitglieder sind durch den Streik­fonds des ÖGB abgesichert. 
  • Wann waren die größten Streiks?
    2003: Vor über 20 Jahren sind im ganzen Land über 800.000 Menschen gegen zahlreiche Reformpläne der schwarz-blauen Regierung auf die Straße gegangen.
    Sehen lassen kann sich aber auch die Streikbilanz 2023: Alleine rund 150.000 Beschäftigte der Metall­technischen Industrie haben an Streikmaßnahmen in 250 Betrieben in ganz Österreich teil­genommen.

 

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