Vollzeit: 30 ist das neue 40
„Die gesetzliche Definition von 40 Stunden Normalarbeitszeit ist im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß. Es wird immer intensiver gearbeitet, der Arbeitsdruck steigt quer durch alle Branchen. Wir brauchen dringend eine neue, gesunde Vollzeit“, erklärt Renate Anderl ihren Vorstoß. Während die Regierung bisher mauert, teilt die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten die Forderung der AK. In einer Online-Umfrage, an der sich 4.700 Personen beteiligten, gaben 82 Prozent an, kürzer arbeiten zu wollen.
„Die Tendenz ist immer gleich: Männer wie Frauen, Arbeiter:innen wie Angestellte möchten weniger Stunden arbeiten“, erläutert Sybille Pirklbauer, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik in der AK Wien. Würde eine 30-Stunden-Woche mit vollem Lohn- und Personalausgleich als neue Vollzeit eingeführt, fände dies sehr hohe Akzeptanz. Drei Viertel der Befragten würden dann 30 Stunden oder knapp darunter arbeiten.
Von diesem neuen Vollzeitmodell sind wir derzeit weit entfernt. „Wir stechen im EU-Vergleich durch besonders lange Arbeitszeiten hervor“, so Pirklbauer. Brisant ist zusätzlich, dass vergangenes Jahr rund jede vierte Überstunde unvergütet blieb. Es geht um mehr als 47 Millionen Überstunden. Wie dieses Verhalten mancher Arbeitgeber einzustufen ist? „Das ist eine Form von Betrug“, sagt Pirklbauer. Den Beschäftigten entgehen dadurch 1,2 Milliarden Euro.