Zwei Krankenschwestern mit Info-Plakaten zum Thema Gewalt am Arbeitsplatz © privat
Best Practice Beispiele

Was tun gegen Gewalt am Arbeitsplatz?

Zu oft wird Gewalt am Arbeitsplatz tabuisiert und ist mit Scham behaftet. Doch eine Initiative des Betriebsratsteams im Hanusch-Krankenhaus zeigt, dass es auch anders geht. Und das ist nur eines von vielen Beispielen, wie das Thema Gewalt am Arbeitsplatz angegangen werden kann.

Matthias Falter und Katharina Lehmann-Kaschel
11.10.2022
in diesem Artikel

    Gemeinsam gegen Gewalt: Betriebsratsinitiative im Hanusch-Krankenhaus

    Das Betriebsratsteam im Hanusch-Krankenhaus hat Gewalt am Arbeitsplatz zum Thema gemacht. Ilse Kalb, die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, initiierte ein Projekt, das dem Vorkommen von Übergriffen – für alle sichtbar – eine klare Absage erteilt: Auf Plakaten und auf Infokarten, die überall im Krankenhaus aufliegen, werden die Beschäftigten ermutigt, Gewalt am Arbeitsplatz nicht hinzunehmen, sondern darüber zu reden und die Vorfälle zu melden. Ein QR-Code auf den Plakaten führt direkt auf die Online-Gefahrenmeldung im Intranet

    „Niemand soll mit Bauch­weh in die Arbeit gehen. Alle Be­schäf­tig­ten haben ein Anrecht auf einen wert­schätz­en­den Umgang.“ 

    Ilse Kalb, BR Hanusch-Kranken­haus


    Auch verbale Übergriffe sind nicht tolerierbar

    Ilse Kalb und ihre Kolleg:innen verteilten Karten und Plakate an einem Aktionstag vergangenen Winter. Im Gespräch mit den Angestellten bestärkten sie sie darin, dass auch verbale Gewalt im Job nicht tolerierbar sei. „Die Beschäftigten sehen, es wirkt gegen Gewalt aufzustehen. Fehlverhalten wird jetzt angesprochen und abgestellt. Auch Patient:innen, die sich im Ton vergreifen, wird klargemacht, dass das so nicht geht“, sagt Kalb. „Viele waren froh, dass endlich jemand offen über dieses Thema spricht.“

     

    Nachhaltige Wirkung

    Die Gefahrenmeldung gab es schon früher, aber versteckt im Intranet. Jetzt können die Beschäftigten mit einem Klick Bescheid geben, wenn es einen Vorfall gibt. Die Zahl der Meldungen hat seither zugenommen. Die Beschäftigten wissen, dass der BR dahintersteht und sich darum kümmert, dass den Meldungen nachgegangen wird. Auch von der Geschäftsführung wird das Projekt unterstützt. 

    Das Betriebsratsteam hat regelmäßig ein Auge darauf, dass die Karten und Plakate weiterhin überall gut sichtbar aufliegen.


    Betriebsrats-Umfrage: Wie können die Beschäftigten vor Gewalt am Arbeitsplatz geschützt werden?

    Wir haben uns unter Betriebsrät:innen und Personalvertreter:innen verschiedener Branchen umgehört, wie sie das Thema Gewalt am Arbeitsplatz angehen und wie die Beschäftigten geschützt werden können. Übergriffe am Arbeitsplatz dürfen niemals toleriert werden, nur gemeinsam kann man dagegen vorgehen.

    Christa Seidl-Raffl, Caritas der Erzdiözese Wien © privat
    © privat
    Christa Seidl-Raffl, Caritas der Erzdiözese Wien
    „Das Thema Gewalt wird in der Pflege oft tabuisiert. Hier braucht es eine Konflikt­kultur, die solche Vorfälle nicht verharmlost. Wir haben im Unternehmen klare Regelungen und unterstützen als Betriebsrat die betroffenen Kolleg:innen." Christa Seidl-Raffl, Caritas der Erzdiözese Wien
    Michael Dedic, Wiener Linien © privat
    © privat
    Michael Dedic, Wiener Linien

    „Verbale und physische Angriffe sind mit der Pandemie leider angestiegen. Nach Übergriffen wird unser Sozius-Dienst aktiv, wo geschulte Mitarbeiter:innen die Betroffenen psychologisch betreuen. Zusätzlich gibt es Kurse zur Gewaltprävention und Deeskalation." Michael Dedic, Wiener Linien

    Christopher Scepka, Klinik Ottakring ©  PV KOR
    © PV KOR
    Christopher Scepka, Klinik Ottakring

    „Gewalt an Mitarbeiter:innen in der Klinik ist leider im Steigen. Neben Sicherheitsvorkehrungen, präventiven Maßnahmen, Schulungen und Bewusstseinsbildung ist vor allem die einfache und schnelle Möglichkeit der Betreuung der Betrof­­fenen wichtig." Christopher Scepka, Klinik Ottakring

    Maria_Gluchman_(c)_Lisi_Spec © Lisi Specht
    © Lisi Specht
    Maria Gluchman, Billa
    „Unsere Mitarbeiter:innen werden manchmal bei Überfällen mit Waffen bedroht. Wir haben eine Kooperation mit der Verbrechensopferhilfe Weißer Ring, wo die Kolleg:innen bei Bedarf psychologische Hilfe bekommen." Maria Gluchmann, Billa
    Haxhi Maloku, G4S © privat
    © privat
    Haxhi Maloku, G4S

    "Bei uns sind täglich ca. 1400 Mitarbeiter:innen im Einsatz: vor Botschaften oder auch in Krankenhäusern. Wenn es zu Angriff en auf Kolleg:innen kommt, wird das gemeinsam mit den Betroffenen aufgearbeitet." Haxhi Maloku, G4S

    WebtippS

    Tipp Symbolbild © AK Wien

    Tatort Arbeitsplatz

    Die Website der Gewerkschaft vida mit umfassenden Infos, wie man Gewalt im Job bekämpfen kann, und mit Unterstützungsangeboten für Betriebsrät:innen und Mitglieder. Gleich durchschauen! 

    Sicher ohne Gewalt im Job

    Die Themenseite der GPA fasst die rechtlichen Regelungen zusammen und listet Aulaufstellen auf. Eine kompakte Broschüre für Betriebsrät:innen samt Checkliste gibt einen guten Überblick über Handlungsmöglichkeiten.

    ÖGB Chancen Nutzen Büro

    Berät in Sachen Antidiskriminierung und Gewaltprävention: chancen.nutzen@oegb.at

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