„Corona gibt es für manche Unternehmen nicht“, stellt Markus Oberrauter beim Blick auf die Zahlen der größten Kapitalgesellschaften des Landes fest. Bereits 2021 litten viele Arbeitnehmer:innen auch finanziell unter der Pandemie. Die operativen Gesellschaften waren hingegen mit einer krisenfesten finanziellen Stabilität ausgestattet. Die Investitionstätigkeit konnte erfreulicherweise ebenfalls wieder angekurbelt werden, so Oberrauter von der Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien. In Österreich gibt es rund 1.500 große – gewinnorientierte – Gesellschaften, die ihren Jahresabschluss im Firmenbuch veröffentlichen müssen. Diese Daten aus 2019 bis 2021 wurden von der AK analysiert und jetzt im „Unternehmensradar 2022“ veröffentlicht.
In den untersuchten Betrieben sind 595.000 Arbeitnehmer:innen beschäftigt, das ist ein Siebentel aller Erwerbstätigen Österreichs. Sie erwirtschafteten einen Umsatz von 245 Mrd. Euro und konnten – nach einem leichten Corona-Knick 2020 – trotz der Einschränkungen (Lockdowns etc.) 2021 den Gewinn um 30,9 Prozent auf insgesamt 14,9 Mrd. Euro steigern.
Markus Oberrauter, AK Wien
„Diese explodierenden Gewinne wider Erwarten müssen sich in der Frühjahrslohnrunde niederschlagen“, fordert Markus Oberrauter im Interview mit AKtuell. „Es gibt eine Gewinn-Preis-Spirale. Die Eigentümer:innen konnten sich über Ausschüttungen in Rekordhöhe freuen. Die Rendite war mit mehr als 77 Prozent im Dreijahresschnitt (2019–2021) so hoch wie noch nie, wie der Unternehmensradar 2022 zeigt. Hier ist ein Umdenken erforderlich.
Es muss mehr in die Mitarbeiter:innen investiert werden. Sei es in Form von Geld oder zum Beispiel durch eine Vier-Tage-Woche. Das würde sich positiv auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken und käme damit wieder den Betrieben selbst zugute. Gewinne werden schließlich in der Praxis durch die Arbeitnehmer:innen erwirtschaftet. Daher wäre es nur fair und gerecht, wenn sich diese Unternehmenszahlen in der neuen Lohnrunde widerspiegeln würden. Dann würden die Betriebe auch ausreichend gut qualifiziertes Personal finden“, ist Oberrauter überzeugt.
Außerdem stellt sich neben den überzogenen Ausschüttungen einmal mehr die Frage, ob die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt.) wirklich notwendig erscheint, kritisiert die AK im aktuellen Unternehmensradar. Die KöSt. sinkt 2023 von bisher 25 auf 24 Prozent und im nächsten Jahr weiter auf 23 Prozent. Das ist eine der Maßnahmen, die ÖVP und Grüne unter dem Titel „Ökosoziale Steuerreform“ vor einem Jahr beschlossen haben. Effektiv zahlten die großen Kapitalgesellschaften 2021 aber lediglich 22 Prozent Steuern, indem (legale) Steuervermeidungstricks ausgenützt wurden. Bezogen auf die Betriebsleistung bzw. den Umsatz betrug die Gewinnsteuer gerade einmal 1,63 Prozent. Ein Nachteil für den Unternehmensstandort sei damit bei weitem nicht in Sicht, so Markus Oberrauter.
Hier kannst du den aktuellen Unternehmensradar 2022 online nachlesen.