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Arbeitszeitmodelle

Solidaritätsprämienmodell: Förderung für Arbeitszeitverkürzung

Die Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung fair zu verteilen ist eine sinnvolle Möglichkeit zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Mit der Solidaritätsprämie des AMS wird es ermöglicht, neue Arbeitszeitmodelle zu erproben.
Simon Theurl
25.05.2022
in diesem Artikel

    Das Solidaritätsprämienmodell des AMS

    Während viele Menschen gerne weniger arbeiten möchten, finden andere keine Arbeit. Ein bereits existierendes Fördermodell bietet einen spannenden Lösungsansatz: Arbeitszeitverkürzung subventionieren statt Massenarbeitslosigkeit finanzieren!

    Kürzere Arbeitszeiten steigern die Produktivität, Gesundheit und Lebensqualität

    Nur vier Tage die Woche arbeiten, sechs statt acht Stunden pro Tag ins Büro, jede fünfte Woche frei – so oder so ähnlich kann Arbeitszeitverkürzung aussehen.

    Immer mehr Menschen wünschen sich weniger zu arbeiten und dafür mehr Zeit zur freien Verfügung zu haben. Freunde und Freundinnen treffen, Zeit mit der Familie verbringen, den Hobbies nachgehen, im Ehrenamt tätig sein oder einfach nur entspannen.

    Das ist nicht nur aus individueller Sicht verlockend. Auch gesamtwirtschaftlich betrachtet macht Arbeitszeitverkürzung Sinn. Denn lange Arbeit führt zu körperlicher und geistiger Ermüdung. Deshalb geht in den letzten Arbeitsstunden meist auch nicht mehr so viel weiter. Gleichzeitig steigt das Risiko von Arbeitsunfällen und Belastungserkrankungen. In Summe führt das zu einem überraschenden Ergebnis: Wenn wir weniger arbeiten, steigt die Produktivität, Gesundheitszustand und Lebensqualität.


    Die Österreicher:innen arbeiten länger als der EU-Durchschnitt

    Im Durchschnitt arbeiten Vollzeitbeschäftigte im Jahr 2020 in Österreich 40,8 Stunden. Das ist mehr als in den meisten anderen europäischen Ländern. Nur Zypern und Malta schneiden schlechter ab.

    Infografik: Im EU-Vergleich arbeiten Vollbeschäftigte nur in Zypern und in Malta mehr als in Österreich © Jakob Fielhauer
    © Jakob Fielhauer
    Infografik: Durchschnittliche Wochenarbeitszeit im europäischen Vergleich. Quelle: Eurostat (2021). Zahlen für 2020

    Corona-Pandemie hat zu Arbeitsmarktkrise geführt

    Während die einen an der Belastungsgrenze schrammen und gerne weniger arbeiten möchten, befinden sich viele in unfreiwilliger Teilzeit oder suchen gar vergeblich nach Arbeit. Die Corona-Pandemie hat zur schlimmsten Arbeitsmarktkrise der Zweiten Republik geführt. Im April 2021 befanden sich beispielsweise über 430.000 Menschen in Arbeitslosigkeit und noch einmal so viele in Kurzarbeit. In vielen Betrieben kam es zu Kündigungen. Gleichzeitig verdichtete sich die Arbeit für viele der verbliebenen Beschäftigten während der Krise. Diese Situation am Arbeitsmarkt wird sich auch nach der gesundheitspolitischen Krise nicht so schnell verbessern.

    Faire Verteilung von Arbeit kann Arbeitslosigkeit reduzieren

    Eine Herausforderung, aber auch eine große Chance für die nächsten Jahre besteht darin, Arbeit besser und gerecht zu verteilen und somit Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

    Im Kern geht es darum, die Arbeit auf mehr Köpfe zu verteilen, die (Normal-) Arbeitszeit zu reduzieren und dabei die Einkommen zu sichern. Deshalb fordern AK und Gewerkschaft eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Personal- und Lohnausgleich.

    "Eine sinnvollere Verteilung von Arbeit lässt Arbeitslosigkeit reduzieren, steigert die Produktivität, und der Gesund­heitszustand verbessert sich."

    Simon Theurl


    Wie funktioniert das Solidaritätsprämienmodell?

    Einen interessanten Ansatz gibt es bereits: die sogenannte „Solidaritätsprämie“. Das Fördermodell kombiniert arbeitsmarktpolitische Ziele mit Arbeitszeitverkürzung.

    Konkret sieht das so aus:

    Mitarbeiter:innen in einem Unternehmen reduzieren ihre Arbeitszeit bis zu 50 Prozent, dafür wird eine zuvor arbeitslose Person eingestellt. Wer die Arbeitszeit reduziert, bekommt die Hälfte des Einkommens vom AMS ersetzt. Und zwar für einen Zeitraum von zwei bis zu drei Jahren. So werden beispielsweise für 80 Prozent Arbeit 90 Prozent Lohn gezahlt.

    Wie kann die Solidaritätsprämie beantragt werden?

    Die Solidaritätsprämie ermöglicht es schon jetzt, für alle die das wollen, Arbeitszeit zu verkürzen. Zuerst schließt der Betriebsrat oder die Belegschaft eine Vereinbarung mit dem Unternehmen. Dieses beantragt die Förderung dann beim AMS und stellt danach eine arbeitslose Person ein.

    Alle notwendigen Informationen finden sich im Internet mit dem Suchbegriff „Solidaritätsprämie AMS“, oder direkt bei der entsprechenden AMS-Landesgeschäftsstelle.

    Erprobung neuer Arbeitszeitmodelle

    Die Solidaritätsprämie ermöglicht es, neue Arbeitszeitmodelle zu erproben, die Zufriedenheit und Produktivität im Unternehmen zu steigern und Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

    Natürlich gibt es auch viele, die gegen Arbeitszeitverkürzung argumentieren. Dabei handelt es sich meist um theoretische oder ideologisch aufgeladene Diskussionen. Die Solidaritätsprämie ermöglicht es hingegen, Arbeitszeitverkürzung als erfolgreiches Experiment fortzusetzen. Dabei gibt es nichts zu verlieren, denn im schlimmsten Fall kehrt man zu den alten Arbeitszeitregelungen zurück.


    Webtipp

    Tipp Symbolbild © AK Wien

    Alle Infos zur Solidaritätsprämie

    Weniger arbeiten, (fast) gleich viel verdienen und gleichzeitig gegen Arbeitslosigkeit ankämpfen – das geht mit dem Solidaritätsprämienmodell. Weitere Informationen: Solidaritätsprämienmodell » Förderprogramm | AMS

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