Homeoffice hat durch die Pandemie einen unerwarteten Schub erfahren – es handelte sich um den größten Feldversuch zur Einführung von mobiler Arbeit. Wir werden nicht zum Status quo vor der Pandemie zurückkehren können.
Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Die entscheidende Frage lautet: In welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen?
Dazu tauschten sich in einer Weblounge des Instituts für Aufsichtsrat-Mitbestimmung (IFAM) von AK und ÖGB Betriebsrät:innen mit einer Forscherin und einem Gewerkschafter aus.
AKtuell bringt einen Einblick in die Diskussion.
Homeoffice ist das Feld, auf dem aktuell ein grundsätzlicherer Konflikt ausgetragen wird: jener um die Entgrenzung von Arbeit und ihre Einhegung.
Die Wissenschaftlerin Angelika Kümmerling von der Uni Duisburg-Essen dazu: „Die Menschen wünschen sich selbstbestimmte Arbeitszeiten. Was sie bekommen, sind aber flexiblere Arbeitszeiten.“
Durch Homeoffice entwickeln sich die Arbeits- und Lebensrealitäten der Beschäftigten weiter auseinander – etwa zwischen Verwaltungsangestellten und Beschäftigten in „systemrelevanten“ Bereichen oder auch zwischen Angestellten und Produktionsarbeiter:innen im Betrieb.
Ein persönlicher Austausch sei jedoch für das Gelingen der Kommunikation nötig. „Die Führungsriege im Homeoffice, die Schichtarbeiter:innen im Betrieb vor Ort – das führt natürlich zu Spannungen. Deshalb sollten auch die Angestellten regelmäßig zu bekannten Zeiten vor Ort sein, damit ein persönlicher Austausch mit den Schichtarbeiter:innen möglich ist“, so das Resümee von Gewerkschafter Reinhold Binder von der PRO-GE.
Wie kann Mitbestimmung unter den Bedingungen von Homeoffice und verstreuten bzw. fragmentierten Belegschaften bewerkstelligt und Solidarität hergestellt werden?
Digitale Kanäle seien ein Gewinn, wenn es darum gehe, zum Beispiel Onlinemeetings auch mit Arbeiter:innen auf Montage abzuhalten. Neue Kanäle, etwa eine Betriebsrats-App, ermöglichen es, die Beschäftigten zu informieren. Sie können aber den direkten Kontakt nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, meinte Binder. Er habe bei einer virtuellen Betriebsversammlung mehr Beschäftigte erreicht als zuvor, nannte ein Betriebsrat einen positiven Aspekt der Digitalisierung.
Betriebsratsvorsitzende Barbara Pichler von der Erste Group machte darauf aufmerksam, wie wichtig es in bestimmten Situationen ist, die Gestik und die Stimmungen im direkten Austausch mitzubekommen. „Was nicht geht, ist etwas tough zu verhandeln, wenn alle nur online dabei sind.“ Auch der soziale Kontakt zu den Beschäftigten drohe durch lang andauerndes Homeoffice verloren zu gehen. „Durch Homeoffice werden viele Kolleg:innen unsichtbar. Das dürfen wir nicht zulassen, jede:r muss seinen Platz haben.“
Die MeinBR-App ermöglicht es, die Kolleg:innen ortsunabhängig, schnell und sicher zu informieren und mit ihnen zu kommunizieren. Details zu der BR-App findest du unter https://start.meinbr.online/
Der große „Feldversuch Homeoffice“ wird zwar nach der Pandemie zurückgefahren werden, aber deutliche Spuren in den Unternehmen hinterlassen, lautete ein Resümee.
Mehrere Betriebsrät:innen berichteten über Einsparungen von Büroräumen und forciertes Desksharing. Einige Unternehmen setzen Homeoffice nun zudem als Belohnungs- und Disziplinierungsinstrument ein – manchen Beschäftigten werde es erlaubt, anderen nicht. Umso wichtiger ist es, dass Betriebsrät:innen auf faire Regelungen pochen.
Die Schlussfolgerung aus der Weblounge: Homeoffice ist kein Selbstläufer, es braucht eine aktive Gestaltung.
Vorteile von Homeoffice:
Herausforderungen von Homeoffice:
Die neue Broschüre hierzu bietet arbeits- und organisationspsychologische Handlungsempfehlungen zur Umsetzung des Schutzes von Beschäftigten im Homeoffice.