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Mehrfachbelastung

Studie der AK Wien: Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Arbeiterkammer Wien hat eine Studie zur Situation der Vereinbarkeit von Beruf und Familie während der Corona-Pandemie in Auftrag gegeben. Umfassende Maßnahmen sind dringend notwendig. Auch der Betriebsrat kann Eltern unterstützen.
Matthias Falter
25.05.2022
in diesem Artikel

    Studie zur Vereinbarkeit von Kindern und Beruf während der Corona-Pandemie

    In der Pandemie sind Frauen besonders belastet: als Systemerhalterinnen oder in der Doppelbelastung von Homeoffice und Kinderbetreuung. Zusätzlich sind sie häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Die AK Wien hat deshalb in einer Studie die Situation der Vereinbarkeit von Beruf und Familie während der Corona-Pandemie beleuchten lassen.  

    Das Institut für Soziologie der Universität Wien untersuchte im Auftrag der AK Wien 2021, wie Eltern ihre Arbeits- und Lebenssituation in Zeiten von Homeschooling, Social Distancing und Homeoffice erleben und wie sie damit umgehen. Im Zentrum standen dabei die berufliche Situation, die Vereinbarkeit von Beruf und Care Arbeit sowie die Frage der Kinderbetreuung.


    "Eltern brauchen eine Entlastung. Und zwar eine, die auch wirklich funktioniert."

    Renate Anderl, AK-Präsidentin

    Eltern unter großem Druck

    „Eltern standen unter sehr hohem Flexibilitäts- und Anpassungsdruck – und zwar von allen Seiten, sei es vom Arbeitgeber, von der Schule, vom Kindergarten oder von der Politik“, sagt Studienautorin Ulrike Zartler. Hier mussten sie laut Zartler auch auf die Starrheit von anderen Institutionen in Bildungsbereich und Arbeitswelt reagieren.

    Homeoffice und geschlossene Bildungseinrichtungen wurden zur Belastung – Frauen besonders betroffen

    Die Corona-Pandemie hatte massive Auswirkungen auf die berufliche Situation. Eine besondere Belastung für Eltern waren die oft instabilen Arbeitszeiten, die die Organisation der Kinderbetreuung erschwerten. Alleinerziehende waren von den Schließungen von Bildungseinrichtungen am stärksten betroffen.

    Beschäftigte in systemrelevanten Berufen hatten Angst, dass sie durch eine Ansteckung am Arbeitsplatz ihre Familie gefährden.

    Die Vermischung von Beruf und Familienleben durch das Homeoffice wurde für viele Eltern zunehmend zur Belastung. Die Arbeit wurde dabei oft an Tagesrandzeiten oder auch auf das Wochenende verlagert. Außerdem mussten viele, vor allem Mütter, im Homeoffice an nicht adäquaten Arbeitsplätzen arbeiten. Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit verstärkten finanzielle Sorgen und Zukunftsängste.

    Beruf, Kinderbetreuung und Hausarbeit nur schwer zu vereinbaren

    In der Krise wurde noch mehr und länger unbezahlte Arbeit geleistet. Vor allem Frauen mussten noch mehr leisten aufgrund von Kinderbetreuung, Homeschooling, Hausarbeit und Kochen. Die befragten Frauen fühlten sich mit dem Fortschreiten der Pandemie zunehmend allein gelassen. Für Alleinerzieherinnen wurde es mit der Zeit immer schwieriger, Kinderbetreuung, Beruf und Haushalt zu vereinbaren.

    Homeschooling als Herausforderung

    Eltern mit Schulkindern versuchten, die Motivation ihrer Kinder während des Unterrichts zuhause zu fördern und mögliche Bildungsnachteile zu vermeiden. Dafür mussten sie oft den Familienalltag anpassen. Institutionelle Kinderbetreuung wurde am Anfang der Pandemie oft nur mit schlechtem Gewissen in Anspruch genommen, später aber verstärkt genutzt, weil es Entlastung für die Familie brachte. Das Fehlen von Freund:innen und  Spielgefährt:innen war für Kinder eine besondere Belastung, die die Eltern zu kompensieren versuchten.

    Eltern brauchen Entlastung – auch nach der Pandemie

    Die Corona-Krise hat die Schwierigkeiten, Kind und Job zu vereinbaren, drastisch verschärft. Außerdem sind vor allem Frauen von der prekären Situation am Arbeitsmarkt betroffen. „Wir dürfen daher nach dem Ende der Pandemie nicht einfach zurück zum Status quo. Eltern brauchen eine Entlastung. Und zwar eine Entlastung, die auch wirklich funktioniert“, sagt AK-Präsidentin Renate Anderl.

    Österreich bei Ausgaben für Kinderbildung deutlich unter EU-Schnitt 

    Bei den Ausgaben für Kinderbildung liegt Österreich derzeit deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Durch Investitionen im Umfang einer Milliarde Euro, wie sie die AK vorschlägt, würden 32.000 neue Betreuungsplätze entstehen und noch einmal doppelt so viele mit verbesserten Öffnungszeiten. Außerdem könnten dadurch ungefähr 27.000 Jobs geschaffen werden. Mit mehr Plätzen und verbesserten Öffnungszeiten können die Eltern, so AK-Präsidentin Renate Anderl, besser in den Arbeitsmarkt integriert werden.

    Mehr als 70 Prozent der Investitionen würden durch Steuern und Abgaben an die öffentliche Hand zurückfließen. Die AK fordert daher die Aufstockung der Mittel für Kinderbetreuung.


    Vater arbeitet im Homeoffice neben seinem Kind © Maria-Sbytova_stock.adobe.com
    Bei der Väterbeteiligung gibt es in Österreich großen Handlungsbedarf. © Maria-Sbytova_stock.adobe.com

    Väter und Unternehmen sind gefragt

    Großen Handlungsbedarf gibt es in Österreich auch bei der Väterbeteiligung. In acht von zehn Partnerschaften geht nur die Frau in Karenz. Selbst mehr als 30 Jahre nach der Einführung nehmen Väter oft nur selten die Möglichkeit einer Karenz in Anspruch. Dabei hat gerade eine längere Väterkarenz den mit Abstand größten positiven Einfluss auf einen Wiedereinstieg der Mütter in den Job.

    Auf Väter wird in Unternehmen teilweise jedoch großer Druck ausgeübt, möglichst rasch wieder in den Job zurückzukehren. Die AK fordert daher, dass Unternehmen mehr in die Pflicht genommen werden müssen, um die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung zu fördern.


    FACTBOX

    Die Forderungen der AK Wien

    Investitionen in Kinderbildung  

    • Verbesserung der Betreuungsquote der Unter-3-Jährigen  
    • Ausweitung der Öffnungszeiten
    • zweites kostenloses Kindergartenjahr für alle 
    • massiven Qualitätsschub durch zusätzliche Fachkräfte

    Wie kann der Betriebsrat Eltern unterstützen?

    Um Beschäftigte in der Vereinbarkeit von Familie und Job zu unterstützen, müssen auch Betriebsrät:innen sensibel sein und Maßnahmen setzen. Tipps von Gerlinde Hauer und Melanie Kocsan:  

    1. Frauen und Männer als Elternteile wahrnehmen: 
      Bei allen Initiativen zur Verbesserung der Vereinbarkeit im Betrieb sowohl Frauen als auch Männer im Blick haben. So werden auch Männer als Väter im Betrieb sichtbar und Vereinbarkeit wird nicht allein als Frauenthema wahrgenommen.
    2. Kontakthalten mit Beschäftigen in Elternkarenz:  
      Karenzfrühstück, Info über betriebliches Geschehen und Weiterbildungen, etc. 
    3. Vereinbarkeit im Betriebsratsgremium zum Thema machen: 
      z. B. Umfragen machen, um ein Stimmungsbild von den Beschäftigten dazu einzuholen, Vereinbarkeit und Homeoffice, Stärkung der Väterbeteiligung an Karenz und Elternteilzeit im Betrieb thematisieren; Möglichkeit der Errichtung eines Betriebskindergartens ausloten, Sommerferienaktionen, etc.  


    Webtipp

    Tipp Symbolbild © AK Wien

    Interaktiver Elternkalender

    Die Liste der Dinge, die während Schwangerschaft und Karenz wichtig sind, ist lang. Der Elternkalender zeigt dir als registrierte:r Nutzer:in eine exakt auf dein Kind angepasste Terminübersicht. So versäumst du keine Fristen und Termine mehr! Hier geht’s zum Elternkalender der Arbeiterkammer

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