Am 30. Oktober ist heuer der Equal-Pay Day. Ab diesem Tag bis zum Jahresende arbeiten Frauen gratis, wenn man ihr Einkommen mit jenem der Männer vergleicht. Vergangenes Jahr fand der Equal-Pay Day noch eine Woche früher statt, denn die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern hat sich verkleinert. AKtuell hat mit der Ökonomin Katharina Mader aus der Frauenabteilung der AK Wien gesprochen. Sie erklärt, weshalb die eine Woche früher kein Grund zum Jubeln ist und wie der Betriebsrat das Werkzeug des Einkommensberichts nutzen kann, um im Betrieb Verbesserungen anzustoßen.
Vorneweg: Der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern ging von 2019 auf 2020, dem Jahr aus dem die aktuellen Daten stammen, zurück. Frauen verdienten in der Privatwirtschaft 2020 um 18,9 Prozent brutto pro Stunde weniger als Männer. Der Rückgang des Gender Pay Gap war im Vergleich zur Entwicklung der vorangehenden Jahre durchaus beträchtlich. Trotzdem führen die Zahlen nicht zu lauten Jubelrufen – und das aus zwei Gründen.
Österreich gehört nach wie vor innerhalb der EU zu den Ländern mit den größten Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern. „Wir sind die Drittletzten - nur Lettland und Estland stehen noch schlechter da“, erklärt Katharina Mader. Zudem hat sich die Einkommensschere von 2019 auf 2020 nicht verringert, weil es für die Frauen besser wurde; sondern vielmehr deshalb, weil sich die Einkommenssituation für viele Menschen verschlechtert hat.
Zurückzuführen ist das auf die Struktur unseres Arbeitsmarktes. „Immer wenn die Arbeitslosigkeit steigt, sinkt der Gender Pay Gap, weil die schlecht bezahlten Jobs als erstes wegfallen“, nennt Katharina Mader die Ursache für die Entwicklung. Von der Corona-Krise besonders stark betroffen waren viele Dienstleistungsberufe, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten. So gingen zum Beispiel im Hotel- und Gastgewerbe viele gering entlohnte Jobs von Frauen verloren. Frauen mit besser entlohnten Tätigkeiten in anderen Branchen blieben am Arbeitsmarkt. Zusätzlich wurden in der Hochphase der Pandemie insgesamt weniger Überstunden geleistet, was Männer stärker betraf als Frauen. Auch die Kurzarbeit führte zu Lohneinbußen in den betroffenen Branchen.
„Unser Ziel ist natürlich, dass die Einkommensschere aus einem anderen Grund kleiner wird. Nämlich dadurch, dass die Fraueneinkommen steigen“, sagt Mader. Und dafür ist es entscheidend, auf Betriebsebene Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten aufzuspüren, die zur schlechteren Bezahlung der Frauen führen.
Rechtzeitig vor dem Equal Pay Day online gegangen ist die aktualisierte „Toolbox Einkommensbericht“ des Bundeskanzleramts, an der Expert:innen von AK und ÖGB maßgeblich mitgearbeitet haben. Die Toolbox, die als Website und als Ratgeber (Download) verfügbar ist, zeigt, wie der Einkommensbericht aussagekräftiger gestaltet werden kann. Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten müssen alle zwei Jahre einen Einkommensbericht erstellen, um die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern im Betrieb zu erheben.
Doch so, wie das beim Zahlenwerk für ganz Österreich gilt, ist das auch auf Betriebsebene. „Wer den Kontext außen vor lässt oder sich nur mit einer Minimalversion begnügt, bekommt ein ungenaues Zahlenwerk, das wenig aussagekräftig ist“, sagt Mader.
Katharina Mader, Frauenabteilung AK Wien
Hier kommt der Betriebsrat als entscheidender Hebel ins Spiel. Denn das Betriebsratsteam kennt den Betrieb bestens von innen. Und es kann die Unternehmensleitung dazu auffordern und motivieren die Einkommensberichte so zu gestalten, dass sie etwas bewirken. Mit der Toolbox Einkommensbericht liegt dafür auch eine hilfreiche Anleitung vor.
Für Fragen und Unterstützung für Betriebsrät:innen rund um den Einkommensbericht stehen folgende Anlaufstellen von AK, ÖGB und Gewerkschaften zur Verfügung:
- die Frauenabteilungen der Gewerkschaften
- die ÖGB-Frauenabteilung (+43-1-53444-39042 / frauen@oegb.at)
- die Abteilung "Frauen, Familien" der AK Wien (+43-1-501-12418 / FF@akwien.at)
Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung können in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, ebenso Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Toolbox Einkommensbericht liefert dazu best practice Beispiele. „Die Ergebnisse des Einkommensberichts können ein guter Startpunkt sein, um gemeinsam zu sagen: Ja, gehen wir das Thema Einkommensgerechtigkeit ernsthaft an“, meint Mader.
Engagierte Betriebsrät:innen, die die Einkommensgerechtigkeit thematisieren, könnten im Bemühen um mehr Lohntransparenz Rückenwind durch die EU erhalten. Die Verhandlungen von EU-Parlament, Rat und die Kommission über eine eigene Lohntransparenz-Richtlinie sind im Laufen.