Kerstin Jerchel: Wir haben dazu den § 119 im Betriebsverfassungsgesetz. Er sieht Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor und gilt für die Behinderung oder Beeinflussung von Betriebsratswahlen, die Behinderung oder Störung von Tätigkeiten des Betriebsrats sowie die Benachteiligung oder Begünstigung von Mitgliedern des Betriebsrats. Das klingt möglicherweise beeindruckend, aber der Paragraph erweist sich in der Realität leider meist als zahnloser Tiger.
Kerstin Jerchel, ver.di
Kerstin Jerchel: Ja, die Verabschiedung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes, so heißt das Gesetz, war pandemiegetrieben. Wir waren froh, dass der Gesetzgeber endlich Bewegung in die Sache brachte und der Stillstand der letzten Jahrzehnte in Sachen Mitbestimmung beendet war. Aber das Gesetz blieb deutlich hinter unseren Erwartungen zurück.
Kerstin Jerchel: Die Verfahren zur Wahl eines Betriebsrats wurden teils vereinfacht und die Anfechtungsmöglichkeiten der Wahl erschwert. Initiator:innen von Betriebsratswahlen sind nun etwas besser vor Kündigungen geschützt als bislang. Aber sie haben noch immer keinen umfassenden Kündigungsschutz. Arbeitgeber können nach wie vor Initiator:innen von Betriebsratswahlen aus – gegebenenfalls vorgeschobenen - betriebsbedingten Gründen kündigen. Positiv an dem Gesetz ist, dass sich Betriebsräte nun bei der Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen einfache externe Sachverständige organisieren können, die vom Arbeitgeber bezahlt werden müssen. Virtuelle Sitzungen des Betriebsrats, die zunächst nur für die Zeit der Pandemie eingeführt wurden, sind nun ins Dauerrecht übernommen worden. Allerdings haben Präsenzsitzungen immer noch den Vorrang. Was mobile Arbeit anbelangt, so ist im Gesetz nun festgelegt, dass der Betriebsrat bei der Ausgestaltung mitbestimmen kann. Nach wie vor nicht mitbestimmen kann der Betriebsrat aber bei der Frage, ob mobile Arbeit im Unternehmen überhaupt eingeführt wird oder nicht.
Kerstin Jerchel: Vielen Mitarbeiter:innen in betriebsratslosen Betrieben ist gar nicht bewusst, dass es in jedem Betrieb mit mindestens fünf Beschäftigten eigentlich eine gesetzliche Pflicht ist, einen Betriebsrat zu wählen. Daraus ist die Idee entstanden, Arbeitgeber zu verpflichten, die Beschäftigten zu informieren, dass ein Betriebsrat gewählt werden soll. Zusätzlich ist es wichtig, die Wahl eines Betriebsrats so einfach und schnell wie möglich zu gestalten und alle, die an einer Wahl beteiligt sind, umfassend vor Kündigungen und Schikanen zu schützen Das sind die Ziele, die wir erreichen wollen.