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Betriebsratsgründung

Demokratie im Betrieb: Wenn der Chef den Betriebsrat verhindern will

Eine Betriebsratsgründung ist nicht selbstverständlich. Wer es wagt, als Betriebsrät:in zu kandidieren, riskiert in manchen Unternehmen den Job. Der ÖGB fordert mehr Demokratie am Arbeitsplatz.
Oliver Piller
11.05.2022
in diesem Artikel

    Demokratie im Betrieb ist genauso wichtig wie in der Politik

    Natürlich denken wir beim Thema Demokratie und Mitbestimmung zuallererst an die Wahlen des Nationalrates oder des Bundespräsidenten. Demokratie beschränkt sich jedoch nicht darauf, alle paar Jahre auf einem Zettel ein Kreuzerl zu machen. Einfluss darauf zu haben, wie unsere Wohn- und Arbeitsorte gestaltet und organisiert sind, ist ebenso ein grundlegender Bestandteil von Demokratie.

    Eine gerechte Gesellschaft ist auch eine Gesellschaft, in der wir in der Politik und im Betrieb mitbestimmen können. Das sagen laut einer Studie des Instituts für empirische Sozialforschung (IFES) 70 Prozent der österreichischen Bevölkerung.

    Betriebsrat ermöglicht Mitbestimmung am Arbeitsplatz

    In Österreich haben wir das Recht in jedem Betrieb mit mindestens fünf Beschäftigten einen Betriebsrat zu wählen. Seine Aufgabe besteht darin, die Interessen der Belegschaft gegenüber der Unternehmensführung zu vertreten.

    Und wie wichtig diese Vertretungsfunktion ist, haben wir in der Corona-Situation gesehen. Zahlreiche Kündigungen konnten durch den Einsatz der Betriebsrät:innen abgewendet werden. Die von ÖGB und Arbeiterkammer ausverhandelte Kurzarbeitsregelung hat hierbei den Rahmen für den Erhalt von Tausenden Arbeitsplätzen geliefert.

    Die Zusammenarbeit von Betriebsräten, Gewerkschaften und Arbeiterkammer zeigt die Potentiale der Mitbestimmung in der Arbeitswelt auf. Dennoch ist eines klar: Der Ton im Arbeitsleben wird immer rauer und die Angriffe auf Beschäftigte, die sich im Betrieb organisieren wollen, häufen sich.


    Feindbild Betriebsrat: Neugründungen werden oftmals verhindert

    Es stimmt: Fälle, wie jener von Amazon in den USA sind bei uns nicht bekannt. Der US-Konzern verwendet laut Medienberichten Überwachungs- und Wärmebildkameras zur Leistungskontrolle und dazu, die Organisation seiner Arbeiter:innen – etwa in Form eines Betriebsrats – zu verhindern. Aber auch bei uns setzen manche Manager trotz des Rechts der Belegschaft, einen Betriebsrat zu wählen, alles daran, die Betriebsratsgründung zu verhindern.

    Betriebsratsgründungen dürfen nicht zur Kündigung führen

    Fakt ist: Beschäftigte, die sich im Betrieb engagieren und einen Betriebsrat gründen wollen, werden von der Geschäftsleitung oftmals massiv bekämpft. Als die Belegschaft von Servus TV im Jahr 2016 einen Betriebsrat gründen wollte, drohte Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz kurzerhand mit der Schließung des Senders. 2017 versuchte eine engagierte Mitarbeiterin in der Drogeriekette Müller einen Betriebsrat zu gründen. Die Geschäftsleitung war damit gar nicht glücklich. Das Ergebnis? Die engagierte Frau wurde gekündigt. Ein ähnliches Schicksal ereilte 2019 eine Mitarbeiterin der Parfümeriekette Douglas.

    Die Gewerkschaften und die AK fordern deshalb wirksamere Maßnahmen, um Kolleginnen und Kollegen zu schützen, die im Betrieb für ihre demokratischen Rechte eintreten.


    Forderungen des ÖGB zum Schutz von Beschäftigten, die Demokratie fordern 

    Der ÖGB verlangt bessere gesetzliche Schutzbestimmungen, um die Mitbestimmung in den Betrieben zu gewährleisten. 

    1. Beschäftigte, die eine Betriebratswahl organisieren, müssen bereits vor der Wahl vor Kündigung geschützt werden.

    2. Das Aussperren von Betriebsrät:innen aus dem Betrieb muss strafbar sein.

    3. Jederzeit freier Zutritt für Gewerkschafter:innen in die Betriebe.


    Webtipp

    Tipp Symbolbild © AK Wien

    Infos zur Organisation einer Betriebsratswahl

    Auf der Website der österreichischen Betriebsräte bekommst du einen Überblick über Fristen, die bei der Wahl einzuhalten sind und über die Vorgänge bei der Wahl. Viele Broschüren des ÖGB sowie alle notwendigen Formulare für die Betriebsratswahl gibt es im Bereich BR-Service zum Downloaden (Registrierung notwendig).

    www.betriebsraete.at


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