Betriebsrat ab fünf Arbeitnehmer:innen
Auf betrieblicher Ebene kann bereits ab fünf Arbeitnehmer:innen ein Betriebsrat gewählt werden. Die Schwellenwerte liegen in anderen Ländern bei 15, 20 oder hundert Beschäftigten. Den gesetzlich stärkeren Schutz der Betriebsrät:innen, etwa durch Freistellungsansprüche und Kündigungsschutz, wertet Rudolf Mosler so: „Dem Gesetzgeber ist wichtig, dass die gesetzliche Betriebsverfassung funktioniert.“ Im Betriebsdemokratie-Index sieht er daher Österreich mit Dänemark, Deutschland, Finnland, den Niederlanden und Schweden in der Spitzengruppe. „Das ArbVG ist ein kluges, ausgewogenes und bewährtes Gesetz.“ Es sei legistisch gut gemacht, auch wenn die geringfügigen Novellen der letzten paar Jahre hätten besser ausfallen können.
Reformen
Als Werkzeug taugt das Arbeitsverfassungsgesetz genauso für die Zukunft. Da sieht Mosler eher geringen Änderungsbedarf. Denkbar ist für ihn eine Modernisierung des „Arbeitnehmer:innen“-Begriffs und des „Betriebs“-Begriffs: Dass etwa auch virtuelle Betriebsbeziehungen einbezogen werden. „Es muss kein Gebäude geben.“ Und dass Plattform-Arbeiter:innen wie Essenslieferant:innen in ihrer Arbeitnehmer:innen-Ähnlichkeit ebenfalls von den so wichtigen Mitwirkungsrechten erfasst werden. Werden Betriebsratsgründungen verhindert, kann sich der Arbeitsrechtsexperte außerdem Sanktionen vorstellen. Oder auch Gewerkschaftsrechte zu erweitern und den Kündigungsschutz im Zuge von beabsichtigten Betriebsratsgründungen vorzuverlegen.
Fortschreitende Digitalisierung
Hinzu kommt: „Wir müssen völlig neue Aufgaben mit denselben Instrumenten bewältigen.“ So die Bedenken von Susanne Haslinger von der Gewerkschaft PRO-GE im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung in den Betrieben. Den Fokus der Betriebsrät:innen sieht sie auf der Mitbestimmung und ortet daher „dringendsten Reformbedarf“. Denn Österreich sei ein Land der internationalen Töchter- und Enkeltöchterunternehmen, verweist sie primär auf die kaum noch überblickbaren Firmenkonstruktionen und die zunehmende Internationalisierung der Unternehmensstrukturen.
Hinsichtlich des gestiegenen Arbeitsdrucks kann sich Verena Spitz, Betriebsratsvorsitzende der BAWAG, sogar „Überlastungsanzeigen“ vorstellen. Diese gibt es bereits in Deutschland oder auch in den Wiener Spitälern. Es sei „eine sinnvolle Maßnahme, die die Mitarbeiter:innen bei Fehlern aus der Haftung nimmt“.
Demokratieschule
Einen ganz anderen Aspekt betont Martina Zandonella vom Institut SORA. Die Demokratieforscherin befasst sich mit sozialen Fragen von Demokratie und Beteiligung. Insbesondere Lehrlinge profitieren vom Betriebsrat und erkennen, wie wichtig Wahlen sind. Weil bei Betriebsratswahlen – gleich wie bei AK Wahlen – alle Beschäftigten unabhängig von der Staatsbürgerschaft wahlberechtigt sind, unterstreicht Zandonella. So wird aus den Wahlen im Betrieb eine Demokratieschule.