Urlaubstage, die nicht verbraucht werden können, müssen ausbezahlt werden. So legt es das österreichische Urlaubsgesetz fest. Dies galt allerdings nicht im Fall eines unberechtigten vorzeitigen Austritts: Wenn Arbeitnehmer:innen das Arbeitsverhältnis ohne Beachtung der Fristen beendeten, wurde ihnen etwaiger ausstehender Urlaub vom Arbeitgeber bisher nicht abgegolten. Denn das Urlaubsgesetz sah in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung vor.
In einem Urteil im November 2021 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Regelung deutlich als offensichtlich rechtswidrig erkannt und außer Kraft gesetzt. „Das EU-Recht hat in diesem Fall eine Verbesserung für die Beschäftigten gebracht“, wie der AK-Experte Wolfgang Kozak betont.
Wolfgang Kozak, AK Wien
Im Jänner 2019 hatte die AK Oberösterreich für einen Arbeitnehmer eine Klage auf Auszahlung der ausstehenden Urlaubsersatzleistung bei einem unberechtigten Austritt eingebracht. Der Fall landete schließlich beim Europäischen Gerichtshof, der in seinem Urteil die Position der Arbeiterkammer stützte. Denn laut EU-Arbeitszeitrichtlinie und Grundrechtecharta der Europäischen Union muss offener Urlaub immer ausbezahlt werden.
Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmer:innen ohne Einhaltung der Kündigungsfristen aufgelöst wird. Die Urlaubsersatzleistung darf nicht von der Beendigungsart des Arbeitsvertrags abhängig gemacht werden.
„Das Urteil ist schon rechtskräftig“, so Wolfgang Kozak von der AK Wien. „Auch wenn das Urlaubsgesetz noch nicht entsprechend geändert wurde, müssen die österreichischen Gerichte das aktuelle Urteil schon in ihrer Rechtsprechung umsetzen.“ Denn alle Staatsorganisationen sind verpflichtet, EU-Recht umzusetzen.
Wichtig ist in diesem Fall, dass das Unionsrecht das Grundrecht auf vier Wochen Urlaub festschreibt, und nicht wie in Österreich fünf Wochen. Offene Urlaubstage werden daher bei einem unberechtigten Austritt aliquot ausbezahlt.
DRdA-infas 4/2022: EuGH: Urlaubsersatzleistung auch bei unberechtigtem vorzeitigem Austritt
Das Urteil betrifft auch Arbeitnehmer:innen, die innerhalb der letzten drei Jahre ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ausgetreten sind. Sie haben jetzt die Möglichkeit, ausstehende Urlaubsersatzleistungen nach einem unberechtigten Austritt innerhalb einer dreijährigen Verjährungsfrist bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber geltend zu machen.
Allerdings sind hier zwei Aspekte zu beachten. Erstens müssen mögliche kürzere einzel- und kollektivvertragliche Verfallsfristen beachtet werden. Zweitens sollten mögliche Nachforderungen zeitnah erfolgen, da bei zu knappen Fristen die Rechtsdurchsetzung schwieriger werden kann.
Wichtige Informationen dazu findest du in der AK-Broschüre „Urlaubsrecht“:
Zur BroschüreViele Arbeitnehmer:innen wollen ihren Urlaub möglichst lange aufsparen. Aber auch wenn man nicht in den Urlaub fährt, sind Erholungsphasen wichtig, gerade in belastenden Krisenzeiten.
Die Erholung gelingt am besten, wenn Mails nicht gelesen werden und auch das Diensthandy abgeschaltet wird. Denn die Arbeitnehmer:innen haben ein Recht auf Unerreichbarkeit. Dieses Recht auf Erholung wurde von Gewerkschaften hart erkämpft.