Fritz Meißl: Nicht an jeder erfolglosen Mitarbeiter:innensuche ist ein möglicher Fachkräftemangel schuld. Der waff hat gemeinsam mit Sozialpartnern, AMS und Abteilungen der Stadt Wien das Thema Fachkräftesicherung intensiv beleuchtet. Dabei wurde klar, dass schon eine eindeutige Begriffsdefinition von Fachkräftemangel fehlt. Das Institut für Höhere Studien (IHS) versteht darunter „[…] eine Situation am Arbeitsmarkt, in der die Nachfrage nach bestimmten berufsfachlichen Qualifikationen, deren Angebot auf nationaler, oder auch auf regionaler Ebene, substantiell übersteigt und es sich dabei nicht nur um ein konjunkturell bedingtes bzw. kurzfristiges Phänomen handelt.“ Aufgrund fehlender Datengrundlagen ist es schwierig Prognosen zum Fachkräftebedarf, insbesondere auf regionaler Ebene, zu erstellen.
Der waff hat daraus die Schlüsse gezogen und entschieden, sich auf drei Schwerpunkte zu konzentrieren: Digitalisierung, klimarelevante Berufe, also Fachkräfte zur Erreichung der Klimaziele, und den kommunalen Bereich mit großem Bedarf, etwa im Bereich der Pflege oder der Elementarpädagogik.
Dabei ist eines klar: Wien hat einen Vorteil gegenüber anderen Bundesländern, denn bis 2030 wird die Zahl der Erwerbsbevölkerung in Wien um 4,5 Prozent steigen, während sie in den übrigen Bundesländern sinkt. Das ist die gute Nachricht. Was wir aktuell erleben, ist, dass bei manchen Berufen die gesuchten Qualifikationen mit den am Arbeitsmarkt vorhandenen Personen nicht übereinstimmen. Das sieht man zum Beispiel in der IT, der Elektrotechnik, bei Installateuren, aber auch in der Pflege und Pädagogik. Manche Stellen sind einfach nicht so attraktiv wie andere verfügbare Jobs. Aber viele Unternehmen arbeiten derzeit daran, als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.
Fritz Meißl, Geschäftsführer waff
Fritz Meißl: Der waff sucht kein Personal für Unternehmen, das macht das AMS. Der waff hat ein spezielles Programm unter dem Titel „Jobs PLUS Ausbildung“. Wir suchen arbeitssuchende Wiener:innen, die das Potenzial für den gesuchten Job haben, denen die konkrete Ausbildung aber noch fehlt. Sie erhalten eine Ausbildung verbunden mit einer Einstellungszusage in einem Unternehmen angeboten. Für den Betrieb hat das den Vorteil, dass er passgenau ausgebildete neue Mitarbeiter:innen bekommt, die sofort nach Ausbildungsabschluss übernommen werden können. Ausgebildet wird in Theorie und Praxis. Praktika erfolgen bereits im Unternehmen.
Der waff kooperiert hier nicht mit einzelnen Unternehmen, sondern mit Branchen und dem kommunalen Bereich. Die Bandbreite der angebotenen Ausbildungen reicht von IT, Technik und Handwerk, Gesundheit und Pflege, Hotellerie und Gastronomie, Handel und Pädagogik bis zu Büro und Verwaltung.
Fritz Meißl: Der waff unterstützt aktuell Betriebe, die erstmals Lehrlinge aufnehmen, Betriebe aus Tourismus und Freizeitwirtschaft und ganz neu ab September auch Betriebe, die in klimarelevanten Lehrberufen ausbilden. Die Förderungen werden bisher gut angenommen. Bis Ende Juli wurden 244 Förderzusagen in der Höhe von insgesamt über zwei Millionen Euro erteilt.
Heuer haben aber erst zehn Betriebe eine Förderung des Ausbilder:innenkurses und der Prüfungsgebühren erhalten. Hier gibt es durchaus noch Luft nach oben. Wir freuen uns, wenn sich mehr Unternehmen melden und in die Lehrausbildung einsteigen.
Aber nicht nur die Betriebe erhalten Förderungen für die Lehrausbildung, auch die Lehrlinge selbst werden unterstützt, damit sie die Lehrabschlussprüfung erfolgreich absolvieren. Es gibt bis zu 3.000 Euro vom waff und der Wirtschaftskammer Wien für Vorbereitungskurse auf die Lehrabschlussprüfung in den Bereichen Digitalisierung, Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Energie- und Ressourcenmanagement und Fremdsprachen.
Fritz Meißl: Der waff unterstützt Rückkehrer:innen aus der Elternkarenz. Weiterbildung während und nach der Karenz fördert der waff mit hundert Prozent der Kurskosten bis zu 4.000 Euro.
Die Langzeitarbeitslosigkeit und die Arbeitslosigkeit bei über 50-Jährigen sind im vergangenen Jahr signifikant zurückgegangen. Dieser Trend ist aufgrund der schwächelnden Wirtschaftslage im Juli gestoppt worden. Die Joboffensive 50plus, die Förderung von waff und AMS Wien für Unternehmen, NGOs/NPOs sowie dem kommunalen Bereich, die langzeitbeschäftigungslose Wiener:innen über fünfzig Jahre einstellen, wird fortgeführt und auch gut angenommen. Bislang sind so über 2.300 Wiener:innen über fünfzig Jahre wieder in einen Job eingestiegen.
Was zuletzt wieder öfter Thema war, ist Personalabbau bei Unternehmen. Hier kann der waff als Träger von Arbeitsstiftungen unterstützen, damit betroffene Mitarbeiter:innen eine Möglichkeit zum beruflichen Neustart erhalten.