"Mir hat gefallen, dass ich von Anfang an etwas gelernt habe. Gleich am ersten Tag habe ich Schalungsplatten zusammengebaut“, erinnert sich Cem Rendecioglu (19) an den Beginn der Lehre beim Bauriesen Porr vor vier Jahren. Cem ist einer, der sich „reinhaut“.
Und er fand eine Lehrstelle in einem Unternehmen, das erkannt hat, wie wichtig die Ausbildung von Fachkräften auch im eigenen Interesse ist. Porr bildet österreichweit mehr als 400 Lehrlinge aus und hat seit 2019 ein eigenes Ausbildungszentrum in Wien Simmering. Jetzt im September kommen wieder neue Lehrlinge ins Unternehmen. Porr macht viel für „ihre“ Lehrlinge – in einer Branche, die insgesamt einiges daransetzt, um für Lehrlinge attraktiv zu sein. Andere Branchen bleiben weit zurück und klagen, dass ihnen Fachkräfte fehlen.
Cem Rendecioglu, JVR bei Porr
„Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit den Ausbilder:innen. Denn deren Kernaufgabe ist es zu schauen, dass die Jugendlichen entsprechend ausgebildet werden“, erklärt Markus Schüller, Jurist in der bildungspolitischen Abteilung der AK Wien. In manchen Betrieben gibt es einen Willkommenstag für die Lehrlinge.
Das sollte man als Betriebsrat bzw. Jugendvertrauensrat nutzen, um sich gleich zu Beginn den Lehrlingen als Ansprechpartner vorzustellen. Wo es dieses gemeinsame Onboarding nicht gibt, kann der Jugendvertrauensrat bzw. der Betriebsrat zu einer Jugendversammlung einladen.
Du möchtest die Lehrlinge beim Gründen eines Jugendvertrauensrates (JVR) unterstützen? Die ÖGJ hat das Wichtigste dazu in der Broschüre „How 2 JVR“ zusammengefasst.
Wir von der Gewerkschaftsjugend sind gerne bei diesen Terminen dabei. Dort, wo es mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer:innen gibt und kein Jugendvertrauensrat besteht, unterstützt die ÖGJ die Jugendlichen auch beim Gründen eines Jugendvertrauensrates“, sagt Philipp Ovszenik.
Dass sich ein Jugendvertrauensrat „auszahlt“, steht für Cem Rendecioglu fest. Er ist selbst Vorsitzender des Jugendvertrauensrates bei Porr und fungiert immer wieder als Vermittler, wenn es Probleme gibt oder Verständnisschwierigkeiten auftauchen.
Dass es auch Pflichten im Berufsleben gibt, auch das macht Cem den Lehrlingen klar. Petra Karacs, die Leiterin des Ausbildungsmanagements bei Porr, nennt einen weiteren Punkt, der bei einer Ausbildung mit Qualität dazugehört: ein regelmäßiges Feedback zum Ausbildungsfortschritt. Dazu zähle auch ein konstruktiver Umgang mit Fehlern. „Nur so kann man erfolgreich lernen und sich verbessern.“
Alles Wichtige für den Start ins Berufsleben steht in der AK-Broschüre „Dein Recht als Lehrling“. Gleich downloaden und an die „Neuen“ im Betrieb verteilen.
Was macht die Baubranche besser als etwa das Hotel- und Gastgewerbe? „Die Lehrlingseinkommen in den Bauberufen gehören zu den höchsten. Die Berufsbilder wurden erneuert. Alle Lehrlinge erhalten kostenlos ein Tablet mit Internetzugang und Online-Lern-Programmen. Auch die Ansprache der Jungen auf Social Media passt“, zollt Ovszenik der Branche Respekt. Was die Baubranche anderen noch voraus hat: Neben der betrieblichen Ausbildung und der Berufsschule gibt es eine dritte Säule der Lehrausbildung, die überbetrieblichen Bauakademien. Dort erlernen Jugendliche praktische Fertigkeiten, die sie benötigen, aber im Betriebsalltag meist nicht üben können. Ähnliche Kompetenzzentren könnten auch in anderen Branchen die Qualität der Lehrausbildung steigern, meint die Gewerkschaftsjugend.
Was aber kann der Betriebsrat tun, wenn es bei der Ausbildung der Lehrlinge Probleme gibt? „Mit dem bzw. der Ausbilder:in reden bzw. wenn das nichts hilft, mit dem bzw. der Chef:in“, rät Ovszenik. Dabei ist es hilfreich, auch die rechtlichen Bestimmungen parat zu haben.
„Egal ob Klein- oder Großbetrieb: Das Arbeitsverfassungsgesetz gibt dem Betriebsrat in § 89 ganz allgemein das Recht, das Einhalten der Rechtsvorschriften, die die Arbeitnehmer:innen betreffen, zu überwachen“, sagt Hannes Schneller von der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien. „Zeigen die Gespräche keine Wirkung, ist das Einschalten der zuständigen Gewerkschaft ein nächster Schritt“, empfiehlt Schneller.
Gut zu wissen ist, dass der Betriebsrat laut § 94 Arbeitsverfassungsgesetz auch explizit Mitwirkungsrechte bei der betrieblichen Berufsausbildung hat. Gibt es eine unternehmenseigene Schulungseinrichtung, hat der Betriebsrat das Recht, an der Verwaltung dieser Einrichtung teilzunehmen. „Wie konkret die Spielregeln dazu ausgestaltet sind, ist in einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung zu regeln. Das gibt dem Betriebsrat starke Möglichkeiten zur Mitwirkung in die Hand, die er im Sinne der Lehrlinge nutzen sollte.“
Erkläre mit unserem „Deine Drei“-Lehrlingsfolder den Jugendlichen, wie sie sich Unterstützung von Betriebsrat, Gewerkschaft und AK holen können und weshalb sich eine Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft auszahlt.