Willi Mernyi: Demokratie ist immer angesagt. Um auf den Eigentümer von „Joseph Brot“ zu kontern, der die Zeitgemäßheit eines Betriebsrats in einem Interview infrage gestellt hat: Er bäckt seine Brote nach alter Tradition und fährt gut damit. Auch die Mehrheit der Beschäftigten vertraut auf etwas, das alt, bewährt und gut ist: das Recht auf Mitbestimmung.
Willi Mernyi: Selbst jene, die keinen Betriebsrat haben, sagen mit überwältigender Mehrheit, es ist wichtig, dass es eine betriebliche Interessenvertretung gibt. 84 Prozent der Beschäftigten in Österreich halten die Institution Betriebsrat für wichtig. In Betrieben mit Betriebsrat ist die Zustimmung noch höher.
Willi Mernyi: Ein Betriebsrat kann mehr durchsetzen als eine Einzelperson. Wenn es im Betrieb Wickel gibt, finden noch mehr, ein Betriebsrat ist wichtig. Diese Ergebnisse decken sich mit meiner Erfahrung: Betriebsräte werden am häufigsten gegründet, wenn es im Unternehmen nicht so rund läuft.
Willi Mernyi: Knapp die Hälfte derer, die keinen Betriebsrat haben, meinen, der Betrieb sei zu klein dafür. Rund ein Viertel sagt, die Geschäftsführung wolle keinen. Aber 43 Prozent derer, die keinen Betriebsrat haben, sagen, sie hätten gerne einen. Diese Beschäftigten wollen wir ermutigen. Und auch jene, die sagen, sie wissen nicht, wie man einen Betriebsrat gründet: Die müssen wir informieren und ermächtigen.
Willi Mernyi: IFES hat die Arbeitnehmer:innen in organisierten Betrieben befragt, welche Aktivitäten ihres Betriebsrats sie in den vergangenen drei Jahren wahrgenommen haben. Und hier waren die Top3-Antworten folgende: Die Beschäftigten informieren, mit der Geschäftsführung verhandeln und als drittes mobilisieren.
Willi Mernyi, Leitender Sekretär des ÖGB für Organisation
Willi Mernyi: Viele Betriebsräte versuchen mit sozialen Aktivitäten gegenzusteuern. Sieben von zehn Beschäftigten mit Betriebsrat erwähnen Gutscheine und Ermäßigungen, vier von zehn verweisen auf soziale Unterstützungsleistungen für einzelne Beschäftigte. Eine große Mehrheit hat rückgemeldet, dass der Betriebsrat auch Ausflüge, Feste und Ähnliches organisiert. Diese sozialen Aktivitäten haben viele Führungskräfte vor Corona für nebensächlich gehalten – jetzt kommen sie darauf, wie wichtig es ist, dass es auch Zeit zum Plaudern gibt. Man geht verständnisvoller miteinander um, wenn man ein bisschen mehr voneinander weiß.
Willi Mernyi: Am häufigsten nehmen die Beschäftigten den Einsatz des Betriebsrats für ihre Sicherheit wahr. An zweiter Stelle steht das Geld, Lohn- und Gehaltsfragen. Das dritte Thema ist die hohe Arbeitsbelastung, wo der Betriebsrat versucht, Verbesserungen zu erreichen. Spannend ist, dass das auch für Beschäftigte ohne Betriebsrat die drei wichtigsten Punkte sind. Aber ohne Betriebsrat bleiben diese Themen weitaus häufiger unbesprochen.
Willi Mernyi: Arbeitnehmer:innen mit Betriebsrat haben stabilere Beschäftigungsverhältnisse und sind seltener von prekären Arbeitsverhältnissen betroffen. Dort, wo es einen Betriebsrat gibt, sind zudem mehr Beschäftigte ÖGB-Mitglied und wissen besser über die Gewerkschaft und die AK Bescheid. Das sehe ich als Motivation und Arbeitsauftrag zugleich. Stärken wir die Beschäftigten, indem wir das Wissen über den Betriebsrat, über die AK und die Gewerkschaft verbreiten. Denn wer uns drei kennt, der baut auf uns – und kommt besser zu seinen Rechten.