Ein neues Arbeitsverhältnis zu beginnen, kann aufregend sein. Ein neues Unternehmen, neue Kolleg:innen, neue Aufgaben. Doch wo kann man als Arbeitnehmer:in einsehen, für welches Aufgabengebiet man zuständig ist? Entweder im Arbeitsvertrag – oder im Dienstzettel, der allen Beschäftigten zusteht, die keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben. Denn in Österreich ist es nicht zwingend erforderlich, einen Arbeitsvertrag in geschriebener Form auszufertigen.
„Das führt in der Praxis dazu, dass noch immer sehr viele Arbeitnehmer:innen über keine schriftlichen Unterlagen verfügen, in denen ihre Rechte und Pflichten aufgelistet sind und – im Falle eines Rechtsstreits – als Beweismittel dienen können“, sagt Philipp Brokes, Arbeitsrechtsexperte der AK Wien. Ende März dieses Jahres wurde die Rechtslage verschärft: Wer als Arbeitgeber keinen Dienstzettel ausstellt, muss mit finanziellen Sanktionen rechnen.
„Wir haben bereits bei der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland gesehen, dass die Schaffung von angemessenen Übergangsfristen auch für bestehende Verträge möglich ist.“
Philipp Brokes, AK Wien
Ohne einen physischen Arbeitsvertrag zu besitzen, hatten Arbeitnehmer:innen schon bisher das Recht auf die Ausstellung eines schriftlichen Dienstzettels. Allerdings gab es bis zur Neuregelung keine Konsequenzen für säumige Arbeitgeber. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zu transparenten und vorhersehbaren Arbeitsbedingungen durch das österreichische Parlament änderte sich das.
Die Ausstellung eines Dienstzettels gilt für echte und freie Dienstnehmer:innen, und nun muss ein Dienstzettel beispielsweise den Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren, eine kurze Tätigkeitsbeschreibung oder die Art der Auszahlung des Entgelts enthalten.
Händigt ein Unternehmen nach mündlicher oder schriftlicher Aufforderung keinen Dienstzettel oder Arbeitsvertrag aus, sind nun Verwaltungsstrafen zwischen 100 und 2.000 Euro vorgesehen. Der Maximalbetrag ist aber nur dann fällig, wenn mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen sind oder innerhalb von drei Jahren eine neuerliche Übertretung vorliegt. Außerdem hat der Gesetzgeber Sanktionen nur für die Nichtausstellung eines Dienstzettels an echte Dienstnehmer:innen vorgesehen, nicht aber im Fall von freien Dienstnehmer:innen.
„Ich stelle mir die Frage: Ist eine Geldbuße von 100 Euro tatsächlich wirksam und angemessen? Das Wesen der Sanktion ist nicht eine Genugtuung für die Arbeiterkammer, sondern die Schaffung von transparenten Arbeitsbedingungen, um Sozialbetrug sowie Lohn- und Sozialdumping zu verhindern“, zweifelt Brokes am Strafrahmen.
Ein weiteres Problem sieht der Arbeitsrechtsexperte darin, dass die „Dienstzettelrichtlinie“ nur für neue, aber nicht für bestehende Arbeitsverhältnisse gilt. „Wir haben bereits bei der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland gesehen, dass die Schaffung von angemessenen Übergangsfristen auch für bestehende Verträge möglich ist, wenn ein entsprechender Wille besteht“, so Brokes, der hier ein Entgegenkommen der Regierung in Richtung Arbeitgeber sieht.
Mit der Umsetzung der Richtlinie wurde neben dem Dienstzettel auch der Bereich Aus-, Fort- und Weiterbildung neu geregelt. AK und Gewerkschaften forderten schon lange, dass diese als Arbeitszeit gelten und von den Arbeitgebern bezahlt werden müssen.
Jene Aus-, Fort- und Weiterbildungen, die Voraussetzung für die Ausübung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit sind, sind nun als Arbeitszeit zu behandeln. „Für viele Berufsgruppen sind laufende Fortbildungen gesetzlich vorgeschrieben, sei es im Pflege- oder im Transportbereich“, gibt Brokes zwei Beispiele. „Die neue Bestimmung, wonach die Kosten dafür nicht von den Arbeitnehmer:innen selbst zu tragen sind, sondern eben von ihren Betrieben, denen die Arbeitsleistung ja letztlich zugutekommt, ist sehr erfreulich.“
Informationen rund um das Thema Arbeitsverträge und Dienstzettel bündelt auch der AK Ratgeber „Arbeitsverträge".