Ja, es geht um „Po-Grapschen“. Aber nicht nur. Es geht auch um anzügliche „Witze“, taxierende Blicke oder jede Art von unerwünschtem Körperkontakt. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kennt viele Formen – meistens betrifft sie Frauen. Mehr als jede vierte Frau hat damit bereits Erfahrung in der Arbeit gemacht. Das zeigt eine Erhebung der Statistik Austria von 2022.
In Zahlen sind das 736.613 Betroffene – und da stellt sich die Frage: Was wird dagegen getan? Denn sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in Österreich verboten. Sie ist eine Form von Gewalt und gilt als Menschenrechtsverletzung. Gleich zwei Gesetzestexte befassen sich mit sexueller Belästigung: Das Strafrecht definiert sie als „geschlechtliche Handlung“, die die Würde verletzt.
Das Gleichbehandlungsgesetz erkennt in ihr eine Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – und stellt zudem Arbeitgeber in die Fürsorgepflicht. Unternehmen haben dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, die sexuelle Integrität und die Intimsphäre der Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz nicht gefährdet werden. Kommt es trotzdem dazu, müssen sie für „angemessene Abhilfe“ sorgen. Wenn nicht reagiert wird, fällt das unter „schuldhafte“ Unterlassung.
Der Gesetzgeber ist recht klar:
Sexuelle Belästigung ist u. a., was als solche empfunden wird und für die betroffene Person unerwünscht ist. Sie ist häufig ein Ausdruck der Machtverhältnisse und betrifft vorwiegend Frauen.
Gesetzliche Sanktionen sind wichtig, aber sie greifen oft erst, wenn es bereits zu spät ist: Wenn die Betroffenen ihren Arbeitsplatz bereits verloren oder freiwillig aufgegeben haben. Verhindert wird das am ehesten dort, wo das Problem entsteht – am Arbeitsplatz.
Doch oft fehlt es an Wissen, nicht unbedingt am Willen. Die Verantwortung liegt klar auf Arbeitgeberseite. Trotzdem können Betriebsrät:innen viel beitragen, gerade wenn im Unternehmen Gleichstellungsbeauftragte fehlen. Sie können ein Schutzkonzept einfordern – für den Fall der Fälle und zur Prävention.
Eine gute Orientierung gibt der Leitfaden für Gastronom:innen. Erstmals wurde auf Initiative der Wirtschaftskammer Wien, der Arbeiterkammer Wien und der Gewerkschaft vida ein Schutzkonzept für die Branche erarbeitet. Denn sexuelle Belästigung gehört in der Gastro – leider – zum Arbeitsalltag. Eine Befragung zeigte: 79 Prozent der Frauen und 54 Prozent der Männer haben bereits sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet. Der Leitfaden soll hier präventiv entgegenwirken. Aber er kann auch abseits der „Gastro“ wichtige Orientierung geben
Fordere als Betriebsratsmitglied von deinem Arbeitgeber ein, die folgenden Punkte umzusetzen und darüber etwa eine Betriebsvereinbarung zu schließen.
Verstehen: Welches Verhalten gilt als sexuelle Belästigung?
Alle Beschäftigten sind informiert, was das Gesetz unter sexueller Belästigung und Fürsorgepflicht versteht.
Typische Beispiele von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gegenüber Frauen sind: Versenden von Nachrichten mit sexuellen Inhalten, anzügliche Kommentare über ihre Figur, unerwünschte Berührungen oder exhibitionistische Handlungen. Das Versprechen von Karriereverbesserungen bei sexuellem Entgegenkommen oder die Androhung von beruflichen Nachteilen, wenn sie sich verweigern.
Nachfragen: Wie geht es den Mitarbeiter:innen damit?
Um herauszufinden, wie es Beschäftigten mit dem Thema geht, empfiehlt sich zum Beispiel ein anonymer Online-Fragebogen.
Beschwerdeprozess: Welche Schritte braucht es?
Code of Conduct: Wie verhalten wir uns?
Ein Verhaltenskodex wird von Mitarbeiter:innen selbst erarbeitet. Das gibt Orientierung im Arbeitsalltag und stärkt die Unternehmenskultur. Hänge ihn sichtbar für alle auf.
Arbeitsvertrag: Verbot von sexueller Belästigung!
Eine Selbstverpflichtung ist Teil des Arbeitsvertrags. Zum Beispiel: „Mir ist bekannt, dass sexuelle Belästigung gesetzlich verboten ist und ich mit Maßnahmen bis hin zur Entlassung und Strafanzeige rechnen muss, sollte ich mich dieser schuldig machen. Informationen, die definieren, was unter sexueller Belästigung und der gesetzlichen Fürsorgepflicht zu verstehen ist, wurden mir zugänglich gemacht.”