Fridolin Herkommer, AK Wien
Kennen Sie „Zoom-Fatigue“? Erstmals aufgetaucht ist das Phänomen während der Corona-Pandemie, als Online-Meetings plötzlich Dreh- und Angelpunkt zwischenmenschlicher Kommunikation wurden. Vielen wurde dabei bewusst, dass Videokonferenzen anstrengender sind als das persönliche Gespräch. In Anlehnung an den Marktführer im Geschäftsbereich Online-Meetings wurde daher der Begriff Zoom-Fatigue – also Zoom-Ermüdung – geprägt.
Heute sind Online-Meetings fixer Bestandteil des Arbeitsalltags. Auch für Betriebsratsmitglieder, obwohl das persönliche Gespräch hier nach wie vor einen hohen Stellenwert hat, wie Fridolin Herkommer, Leiter des Büros für Digitale Agenden der AK Wien, bestätigt: „Viele Betriebsrät:innen bevorzugen besonders bei sensiblen Gesprächen die persönliche Begegnung, wenn es die Möglichkeit dafür gibt.“
Wo liegen jedoch die Vorteile von Online-Meetings und was sollte speziell im Betriebsrat beachtet werden, um diese Treffen effizient zu nutzen und negative Effekte wie die besagte Zoom-Fatigue zu vermeiden?
Ein großer Vorteil der virtuellen Besprechungen liegt laut Herkommer ganz klar darin, mehr Menschen zu erreichen und einbinden zu können. „Ich kann damit auch Kolleg:innen informieren, die nicht vor Ort und zum Beispiel im Homeoffice sind. Durch die technischen Möglichkeiten sind diese Meetings auch sehr inklusiv“, betont der AK Experte. Die Chat-Funktion gibt den Teilnehmer:innen zum Beispiel eine zusätzliche Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich zu beteiligen – was Menschen entgegenkommt, die die Sprache nicht so gut beherrschen oder sich bei persönlichen Treffen nicht gerne zu Wort melden.
Damit sich wirklich alle beteiligen und eine Betriebsratssitzung auch digital effektiv ist, ist das richtige Setting entscheidend. „Das Format, die Gruppengröße, die Zielsetzung und auch die Regeln für das Meeting müssen aufeinander abgestimmt sein“, so Herkommer. Er empfiehlt, jemanden moderieren zu lassen. Diese Person hat die Aufgabe, durch das Meeting zu führen, den Ablauf zu erklären und vor allem die Wortmeldungen, die über den Chat oder per Handzeichen kommen, im Blick zu behalten. „Ich rate, hier nach dem Reißverschluss-Prinzip zu handeln und die Personen alters- und geschlechterdivers zu Wort kommen zu lassen – also Männer und Frauen und Ältere sowie Jüngere abwechselnd“, sagt der AK Experte.
Da Diskussionen speziell im digitalen Raum nicht von alleine entstehen, ist es auch hier die Aufgabe einer moderierenden Person, gezielt Fragen zu stellen und Rückmeldungen der Teilnehmer:innen aktiv einzuholen. Besonders bei größeren Gruppen, wie bei Betriebsversammlungen, sollten die Regeln des Meetings vorab klar kommuniziert werden. „Damit etabliert man auch eine eigene Kultur für Online-Meetings, die ständig weiterentwickelt werden sollte“, sagt Herkommer.
Ein wichtiger Faktor bei Betriebsratssitzungen ist die Vertraulichkeit. Bei sensiblen Themen empfiehlt der AK Experte daher, auf persönliche Treffen auszuweichen: „Da online die Betriebssoftware genutzt wird, können auf alle Fälle Metadaten der Meetings erhoben werden.“ Diese Metadaten geben beispielsweise darüber Auskunft, wann und mit wem sich die Betriebsrät:innen besprochen haben.
Stichwort Künstliche Intelligenz: Diese lässt sich, wie viele andere digitale Tools, auch zum Vorteil aller Meeting-Teilnehmer:innen einsetzen. Die KI fasst das Meeting automatisiert in einem Protokoll zusammen oder das Programm zeichnet gleich die komplette Videokonferenz auf. „Betriebsratsmitglieder sollten sämtliche Formate für ihre Arbeit nutzen. Nur der Aufwand-Nutzen-Faktor sollte dabei berücksichtigt werden“, meint Herkommer. Denn KI-generierte Texte sollen nie ohne vorherige menschliche Kontrolle verschickt werden. Und Video-Aufzeichnungen müssen auch überprüft bzw. geschnitten werden, bevor man sie teilt.
Und wenn den Teilnehmer:innen das technische Wissen für das Online-Meeting fehlt? „In diesem Fall können Betriebsratsmitglieder Schulungen vom Arbeitgeber einfordern. Denn dieser hat ebenfalls ein hohes Interesse daran, dass seine Mitarbeiter:innen diese Fähigkeiten erlernen“, sagt Herkommer.
Bleibt noch die Frage nach der idealen Länge einer Videokonferenz. Der AK Experte: „Auf jeden Fall deutlich kürzer als ein physisches Treffen, da wir nicht so lange konzentriert an virtuellen Meetings teilnehmen können.“