Eine Kündigung ist ein Schock für viele Beschäftigte. Umso wichtiger ist es, dass der Betriebsrat mit Betroffenen die weitere Vorgangsweise berät. Tut er das nicht, kann das negative Auswirkungen auf die gekündigte Person haben, zeigt ein OGH-Urteil.
Walter Gagawczuk, AK Arbeitsrechtsexperte
Walter Gagawczuk: Ein Arbeitgeber hat einen Mitarbeiter gekündigt und vorab, wie es rechtlich vorgesehen ist, den Betriebsrat informiert. Der Betriebsrat hat in seiner Stellungnahme der Kündigung ausdrücklich widersprochen.
Der Beschäftigte wurde trotzdem gekündigt und hat vom Arbeitgeber über den Widerspruch des Betriebsrates erfahren. Aber es kam zu keinem direkten Kontakt zwischen dem Gekündigten und dem Betriebsrat. Der Arbeitnehmer hat telefonisch versucht, die Betriebsratsvorsitzende zu erreichen. Als das nicht klappte, nahm er sich einen Anwalt, um die Kündigung selbst vor Gericht anzufechten.
Erst während des Verfahrens kam es zum Gespräch zwischen der Betriebsratsvorsitzenden und dem Anwalt. Sie erklärte ihm, dass der Betriebsrat nur Anfechtungen für Mitarbeiter:innen vornehme, die Gewerkschaftsmitglied seien. Das war bei dem Betroffenen nicht der Fall.
Stimmt, allerdings ohne Rücksprache mit dem Betriebsrat. Genau das wurde ihm zum Verhängnis. Denn im Arbeitsverfassungsgesetz steht, dass der Betriebsrat auf Verlangen des Beschäftigten die Kündigung vor Gericht anfechten kann, wenn er dieser zuvor widersprochen hat.
Erst wenn der Betriebsrat diesem Wunsch nicht nachkommt, kann der Beschäftigte selbst die Kündigung anfechten. Er hat dazu, nachdem die einwöchige Frist für die Anfechtung durch den Betriebsrat abgelaufen ist, genau zwei Wochen Zeit.
Das Gesetz geht also davon aus, dass der Betriebsrat und der bzw. die gekündigte Arbeitnehmer:in miteinander reden.
Stimmt, und für den bzw. die Beschäftigte ist die Kündigung meist eine Ausnahmesituation. Deshalb rate ich allen Betriebsrät:innen, bei einer Arbeitgeber-Kündigung von sich aus rasch mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen. Ich möchte nicht sagen, dass der Umgang mit Kündigungen das „tägliche Brot“ des Betriebsrats ist. Aber man ist in jedem Fall öfter damit konfrontiert als der einzelne Beschäftigte. Und sollte deshalb gut informiert sein.
Walter Gagawczuk, AK Arbeitsrechtsexperte
Eine Falle lauert schon im Vorverfahren. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vorab über eine geplante Kündigung informieren. Der Betriebsrat hat die Möglichkeit innerhalb einer Woche eine Stellungnahme abzugeben. Er kann nun zustimmen, keine Stellungnahme abgeben oder ausdrücklich widersprechen – letzteres gibt dem bzw. der Betroffenen die meisten Instrumente in die Hand, um die Kündigung zu bekämpfen. Damit der Widerspruch vor Gericht hält, muss der Betriebsrat eindeutig kundtun, dass er einen Widerspruch anmeldet. Er sollte also das Wort „Widerspruch“ verwenden. Zu sagen, „die Zustimmung des Betriebsrats wird verweigert“ reicht nicht. Auch dazu gibt es Urteile.
Die Fristen für die Anfechtung einer Kündigung sind sehr kurz, die Regelungen komplex. Umso wichtiger ist es, dass der Betriebsrat die gesetzlichen Bestimmungen gut kennt.
Was gilt es bei der Anfechtung einer Kündigung vor Gericht zu beachten? Welche Stolpersteine gibt es? Ein OGH-Urteil zeigt: Hat der Betriebsrat im Vorverfahren gegen eine Kündigung ausdrücklich Widerspruch angemeldet, kann der bzw. die Beschäftigte nicht unabgestimmt vor Gericht ziehen, um eigenständig die Kündigung anzufechten. Das Erfolgsrezept: Miteinander reden!
Welche Rechte und Pflichten hat der Betriebsrat? Wie kann er etwa bei personellen Angelegenheiten im Betrieb mitwirken? Wie kann der Betriebsrat bei der Kündigung oder der Entlassung von Beschäftigten bestmöglich deren Interessen vertreten?
In der betriebsrätlichen Praxis stellen sich immer wieder Fragen wie diese. Das Buch „Betriebsratsarbeit in der Praxis“ bietet in verständlicher Form Information über zentrale Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes und gibt Tipps für den Betriebsrats-Alltag.
Gagawczuk Walter, Haslinger Susanne, Müller Martin
Betriebsratsarbeit in der Praxis
ÖGB-Verlag, 2018, 260 Seiten, 34,90 Euro
Buch + e-Book, ISBN: 978-3-99046-257-7